Süddeutsche Zeitung

WM-Feier in Bremen:Messerstecher zu sieben Jahren Haft verurteilt

  • Ein 23-Jähriger ist zu sieben Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt worden.
  • Er hatte während der WM 2014 bei einem Public Viewing in einem Bremer Kino einen 19-Jährigen niedergestochen und getötet.
  • Der Verteidiger des Angeklagten hatte Freispruch gefordert und verwies auf eine Notwehrsituation.

Urteil sei "tat- und schuldangemessen"

Als ganz Deutschland am 13. Juli 2014 den WM-Sieg feierte, starb bei einer Live-Übertragung des Endspiels in einem Bremer Kino ein 19-Jähriger an zwei Messerstichen. Der 23-jährige Täter wurde nun am Bremer Landgericht zu sieben Jahre Haft wegen Totschlags verurteilt. Das Urteil sei "tat- und schuldangemessen", befand Richterin Barbara Lätzel, die keine Notwehrsituation erkennen konnte. Die Verteidigung kündigte Revision an.

19-Jähriger starb aus "nichtigem Anlass"

Was am späten WM-Abend des 13. Juli im voll besetzten Saal 2 des Kinos am Bahnhof geschah, wird wohl nie mit hundertprozentiger Sicherheit geklärt werden können. Doch fest steht, dass ein 19-Jähriger aus Osterholz-Scharmbeck aus "nichtigem Anlass" starb und der Tod großes Leid über seine Familie brachte, wie die Richterin in ihrer etwa einstündigen Urteilsbegründung erklärte.

Der Prozess

Bei dem Prozess wurden 49 Zeugen vernommen und drei Sachverständige gehört. Der Angeklagte war geständig und zeigte auch Reue, was zu seinen Gunsten ausgelegt wurde. Doch während der Verhandlung entstand auch das Bild eines jungen Mannes, der eine Affinität zu Waffen hat und Spannungssituationen mit "zur Schau stellendem Imponiergehabe und Gewaltbereitschaft" begegnet, wie es in der Urteilsbegründung hieß.

Der Hintergrund

Der 23-Jährige war mit seiner Freundin in dem Bremer Kino und wollte sich das Endspiel Deutschland-Argentinien anschauen. Doch als es wegen Regens zu Übertragungsausfällen kam, kippte die Stimmung. Der Angeklagte geriet in einen Streit mit einer Gruppe junger Männer, die einige Reihen weiter unten saßen. Dann zog er ein Springmesser aus der Hosentasche, stach zweimal auf den 19-Jährigen ein, der später seinen Verletzungen erlag.

Aus Sicht des Verteidigers Carsten Scheuchzer, der Freispruch gefordert hatte, handelte es sich um eine Notwehrsituation. Das sah das Gericht anders. Der Messerangriff sei nicht geboten gewesen, und der Angeklagte hätte flüchten können, tat dies aber nicht.

Morddrohungen gegen Richter, Angeklagten und Verteidiger

Der 23-Jährige nahm das Urteil gefasst auf. Viele Angehörige waren in den Schwurgerichtssaal gekommen, wo die Sitzung wegen starker Sicherheitskontrollen mit einstündiger Verspätung begann. Bei Prozessbeginn im Januar hatte es Morddrohungen gegen die Richterin, den Angeklagten und seinen Verteidiger gegeben. Richterin Lätzel ließ keinen Zweifel daran, was sie von Selbstjustiz hält. Wer meine, er müsse sich als Rächer aufschwingen, könne schnell auf der Anklagebank sitzen, wo er dann auch hingehöre, sagte sie.

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