Wissenschaft:Jonglieren lässt das Hirn wachsen

Mit Training können Erwachsene ihre Hirngröße offenbar vergrößern. Das zeigt eine Studie von Forschern der Universitäten Regensburg und Jena.

Bislang war unklar gewesen, ob das menschliche Gehirn im Erwachsenenalter sein Volumen tatsächlich noch verändern kann. Das In-der-Luft-halten von drei Bällen führte jedoch eindeutig zu einer Vergrößerung von zwei Hirnregionen, wie die deutschen Forscher berichten.

Die Wissenschaftler hatten die Gehirne von zwölf Erwachsenen, die ein dreimonatiges Jonglier-Training absolvierten, mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Jongleuren verglichen.

Die Probanden mussten üben, drei Jonglierbälle mindestens eine Minute lang in der Luft zu halten. Ihre Hirne wurden drei Mal vermessen, kurz vor und kurz nach dem Training sowie nach einer dreimonatigen Trainingspause.

Rückbildung nach dreimonatiger Pause

Nach dem Training mit drei Bällen wiesen die Jongleure eine deutliche beidseitige Vergrößerung in der linken hinteren Furche zwischen oberem und unterem Seitenläppchen auf. Diese Hirnregion ist nach Angaben der Experten darauf spezialisiert, die Bewegung von Objekten im Raum wahrzunehmen. Nach drei Monaten Pause hatten sich die grauen Zellen jedoch teilweise wieder zurückgebildet.

Die Wissenschaftler wiesen das Gehirnwachstum mit Hilfe von Magnetresonanztomographie (MRT)-Aufnahmen nach, die mit Magnetfeldern arbeitet. Mit MRT erstellten die Forscher scheibchenweise sehr genaue Bilder von der grauen und weißen Gehirnsubstanz der Probanden. "Eine Software errechnete, dass der Anteil der grauen Masse nach dem Lernprozess anstieg", sagte Christian Gaser von der Universität Jena, einer der Autoren der Studie.

Die Ergebnisse der Untersuchung widerlegten die Annahme, das menschliche Gehirn würde im Erwachsenenalter nicht mehr wachsen, erläuterte Gaser. Bislang hätten Forscher nur herausgefunden, dass sich einzelne Zellen etwa nach Verletzungen neu bilden können, sagte Gaser. Die Untersuchungen der deutschen Wissenschaftler zeigten nun, dass die graue Masse im Gehirn während eines Lernprozesses tatsächlich wachse.

Ähnliche Ergebnisse ware bislang vor allem aus Tierversuchen bekannt. Ob das Wachstum auf eine Vermehrung von grauen Zellkörpern oder aber von Stützzellen und Synapsen zurückzuführen sei, müssten weitere Tests von Zellforschern ergeben.

Das Forscherteam um Gaser von der Psychiatrischen Uniklinik Jena und Arne May von der Neurologischen Uniklinik Regensburg veröffentlicht seine Ergebnisse im Fachzeitmagazin Nature (Bd. 427, S.311, 2004).

Bisher sei zwar ein größeres Hirnvolumen bei Musikern oder Taxifahrern festgestellt worden, es sei aber noch nicht eindeutig bewiesen worden, dass dies durch häufiges Training entstanden war. Eine weitere Möglichkeit wäre ein angeborenes größeres Hirnvolumen, dass den Betroffenen die Entwicklung besonderer Fähigkeiten (Musik, Orientierung) ermöglicht.

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