Wirbelsturm zieht weiter nach Kanada:Das große Aufräumen nach "Irene"

"Irene" hat mittlerweile Kanada erreicht. Der Sturm lässt Milliardenschäden zurück, mindestens 21 Menschen sind ums Leben gekommen. Auch wenn Präsident Obama weiter davor warnt, die Folgen des Hurrikans zu unterschätzen: An der US-Ostküste war der Wirbelsturm gnädig - New York öffnet am Morgen wieder seine Flughäfen.

Der Wirbelsturm Irene hat sich von der Ostküste der USA weiter in Richtung Norden bewegt und Kanada erreicht. Mittlerweile von einem Hurrikan zum Tropensturm herabgestuft, erreichte Irene dabei Windgeschwindigkeiten von 80 Stundenkilometern, wie das Nationale Hurrikanzentrum in Miami mitteilte. Manche Skeptiker bewerteten die Vorkehrungen vorab bereits als übertrieben, offenbar aber hatte die Ostküste der USA Glück - vor allem die kühlere Wassertemperatur des Atlantik auf der Höhe New Yorks dürfte die Energieaufnahme des Sturms entscheidend gebremst haben. Hurrikane entstehen dann, wenn sich Wasser bis zu einer Tiefe von 50 Meter auf 26,5 Grad Celsius erwärmt hat.

Nun macht sich Irene in Kanada bemerkbar. In den Provinzen Quebec und New Brunswick an der Ostküste waren mehr als 250 000 Menschen ohne Strom, berichteten Medien am Montag. Auch die Stadt Montreal war zeitweise im Dunkeln. Dort waren laut dem Sender CBC News mehrere Bäume umgestürzt, verletzt wurde bislang aber niemand.

Der Minister für öffentliche Sicherheit von Québec, Robert Dutil, forderte die Bevölkerung dazu auf, sich darauf vorzubereiten, ein bis drei Tage zu Hause bleiben zu können.

Nördlich von New York im Bundesstaat Vermont waren in der Hauptstadt Wilmington Hunderte Straßen gesperrt, berichtete der Sender CNN. Einige Häuserfundamente hatten die reißenden Fluten einfach weggespült, Brücken stürzten ein. Einige kleine Städte seien vollkommen überschwemmt worden. Eine Frau wurde von den Fluten weggerissen und wird seitdem vermisst, sagte Gouverneur Peter Shumlin dem Sender. Etliche Rettungskräfte hatten sich vorsorglich überall in der Stadt verteilt. In Philadelphia wird laut CNN ein Mann vermisst. Dort stieg das Wasser teilweise auf die Höhe von Straßenschildern. Zwei Gebäude stürzten ein, so CNN.

Die meisten Toten an der südlichen Ostküste

Dem Fernsehsender MSNBC zufolge riss der schwerste Sturm seit langem mindestens 21 Menschen in den Tod, die meisten davon im Bundesstaat North Carolina und im benachbarten Virginia. Zeitweise erreichte er Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometer.

Ein elfjähriger Junge starb in Virginia, als ein Baum auf ein Haus stürzte. In North Carolina wurde ein Kind bei einem Autounfall auf einer Kreuzung getötet, an der die Ampeln nicht in Betrieb waren. In Florida wurden bei schwerem Wellengang ein Surfer und ein Spaziergänger in den Tod gerissen. Weitere Menschen starben durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste. Insgesamt wurden aus acht US-Staaten Tote gemeldet, berichtet die Nachrichtenagentur dapd.

"Das ist noch nicht vorbei"

US-Präsident Barack Obama selbst warnte die Amerikaner vor zu schneller Erleichterung. "Das ist noch nicht vorbei", sagte Barack Obama im Weißen Haus in Washington. Das in Neuengland anhaltende Unwetter und dessen Folgen seien weiterhin sehr gefährlich. Die größten Sorgen bereiteten die Überflutungen in vielen Bundesstaaten und die massenhaften Stromausfälle.

"Ich will unterstreichen, dass die Auswirkungen des Sturms noch für einige Zeit zu spüren sein werden. Die Erholung kann Wochen dauern", sagte er. Der US-Präsident hatte zuvor seinen Urlaub unterbrochen und überwachte nach Angaben des Weißen Hauses persönlich die Vorkehrungen seiner Regierung gegen den Hurrikan.

Gutgerüstete Millionenmetropole

Die Millionenmetropole New York war weitgehend verschont geblieben. Nachdem Irene in der Stadt nicht so wütete wie befürchtet, hob Bürgermeister Michael Bloomberg eine Evakuierungsanordnung für 370.000 Bewohner der niedrig gelegenen Gebiete wieder auf. Es gab keine Opfer, allerdings kam es auch hier zu Überschwemmungen und Stromausfällen.

Mittlerweile gaben die Behörden in New York bekannt, dass das U-Bahnnetz den Betrieb wiederaufnehmen werde. Auch die New Yorker Börse kündigte an, am Montag wieder den Handel eröffnen zu wollen. Geschäfte und Museen sollten am Montag in New York wieder aufmachen.

Die drei großen New Yorker Flughäfen sollten am Montag wieder geöffnet werden. Demnach sollten der John F. Kennedy International Airport in New York und der Newark Airport in New Jersey um jeweils 6 Uhr Ortszeit ihren Betrieb aufnehmen (12 Uhr mitteleuropäischer Zeit), der LaGuardia-Flughafen um 7 Uhr Ortszeit. Die Rückkehr zu einem normalen Flugbetrieb ist den Fluggesellschaften zufolge aber nicht vor Dienstag zu erwarten. Wegen Irene waren mehrere tausend Flüge gestrichen worden, die deutsche Lufthansa stellte Verbindungen ein. Nun erwartet die deutsche Airline keine Probleme mehr. Alle Strecken würden wieder normal geflogen, sagte ein Sprecher.

Auch der New Yorker Broadway will nach der deutlichen Abschwächung des Tropensturms den Betrieb wiederaufnehmen. Das kündigte der Verband Broadway League an. Als die New Yorker Stadtverwaltung den öffentlichen Nahverkehr angesichts der Gefahr durch Irene stilllegen ließ, wurden für das Wochenende alle Vorstellungen abgesagt - es war das erste Mal seit einem Stromausfall im Jahr 2003, dass der Betrieb an der berühmten Theater- und Musicalmeile ruhen musste.

Auch in anderen betroffenen Städten lief das Leben langsam wieder an und der Verkehr begann sich zu normalisieren. Am Montag sollten Behörden, Geschäfte und Museen wieder öffnen - nach der Naturkatastrophe hat an der Ostküste das große Aufräumen begonnen.

Irene hatte beim Durchzug durch den Nordosten Strommasten umgerissen, Bäume entwurzelt, Straßen überflutet, Hunderttausende Menschen zum Verlassen ihrer Häuser gezwungen und Millionen Menschen ohne Strom gelassen.

In der gesamten Region waren nun Hunderte Teams der Stromversorger unterwegs, um die Kabel zu flicken. Die noch oberirdisch an Holzmasten verlegten Leitungen sind zwar ein leichtes Opfer für Stürme, zugleich erleichtert das aber Reparaturen. Dennoch waren noch Stunden später viele ohne Strom und Telefon.

Wirtschaftlicher Schaden

Allerdings hat Irene an der Ostküste wohl geringeren wirtschaftlichen Schaden verursacht als befürchtet. Der versicherte Schaden werde sich vermutlich zwischen zwei Milliarden Dollar (etwa 1,38 Milliarden Euro) und drei Milliarden Dollar bewegen, hieß es in einer vorläufigen Einschätzung der Unternehmensberatung Kinetic Analysis. Demnach wird der Gesamtschaden voraussichtlich mehr als sieben Milliarden Dollar betragen. Nach anderen Zahlen könnte der Gesamtschaden aber auch im Bereich von 20 Milliarden Dollar liegen.

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