Winterliches Verkehrschaos:Vereisen statt verreisen

Auch an Heiligabend kennt der Winter mit den Weihnachtsreisenden keine Gnade: Die wichtigen Achsen zwischen Hamburg, Hannover und Berlin müssen teilweise gesperrt werden. Am Pariser Flughafen musste ein Terminal evakuiert werden - wegen Einsturzgefahr.

Stop and Go zwischen Hamburg und Hannover, Teilsperrungen zwischen Hannover und Berlin: Auf den beiden wichtigsten Bahnstrecken Norddeutschlands kommt es wegen vereisten Oberleitungen und umgeknickten Bäumen zu massiven Verspätungen.

Weihnachtsreiseverkehr in Norddeutschland

Winterchaos bei der Bahn: Nun trifft es die Reisenden zwischen Berlin und Hannover, die Strecke wurde zeitweise komplett gesperrt.

(Foto: dpa)

Am frühen Morgen des Heiligen Abends war die Strecke zwischen Hannover und Berlin ganz gesperrt, erst ab 7:30 Uhr fuhren wieder Züge aus der Hauptstadt in Richtung Westen. In der Gegenrichtung, wo gegen Mitternacht fünf Schnellzüge wegen vereister Oberleitungen liegengeblieben waren, dauere die Sperrung aber noch an.

Hier soll nun ein Güterzug die vereisten Oberleitungen auftauen. Der Zug arbeite sich Meter für Meter vor, sagte ein Bahnsprecher. Dadurch fließe Strom und die Leitungen könnten sich wieder erwärmen. Wann der Zug die Strecke geschafft hat und der Bahnverkehr somit wieder freigegeben werden kann, ist nach Angaben des Sprechers noch nicht abzusehen. Der Hauptbahnhof Hannover gilt als ein zentraler Umsteigebahnhof, die Ost-West-Verbindung zwischen Berlin und Hannover ist eine der wichtigsten im bundesweiten Schienennetz.

Auf der Strecke blieben in der Nacht zum Freitag vier ICEs und ein IC mit rund 700 Passagieren stundenlang liegen. "Die Heizung funktionierte aber", sagte ein Sprecher der Bahn. Inzwischen seien aber alle Personenzüge auf dem Gleis in Richtung Berlin entweder von herbeigerufenen Dieselloks abgeschleppt worden oder zumindest unterwegs. Auch für den Güterzug komme Hilfe.

Zunächst war geplant, Reisende mit Zielen zwischen Berlin und Hannover über Hamburg oder Leipzig zu lotsen, wie ein Sprecher der Bahn mitteilte. Doch ausgerechnet auf der zweiten wichtigen Schienenachse in Norden kam es im Laufe des Vormittages durch Eisregen und Schneefälle ebenfalls zu Problemen. Züge mussten immer wieder anhalten, weil die Oberleitungen vereist waren oder Bäume unter der Schneelast zusammenbrachen und den Bahnverkehr behinderten.

Wegen den Sperrungen kommt es somit mitten im Weihnachtsreiseverkehr im Norden und Osten Deutschlands massive Verspätungen im Zugverkehr. Auch auf der Bahnstrecke zwischen Braunschweig und Magdeburg konnten am Freitagmorgen keine Züge fahren, wie die Deutsche Bahn auf ihrer Website mitteilte, auf einigen Nebenstrecken in Nordosten wurde der Verkehr ganz eingestellt.

Chaos auch auf den Straßen

Doch nicht nur auf dem Schienennetz, auch auf den Autobahnen in Norddeutschland kommt es an Heiligabend zu massiven Behinderungen. Schneeverwehungen behindern am Freitagmorgen den Straßenverkehr in weiten Teilen Schleswig-Holsteins. Besonders betroffen sind die Bereiche an der Ostseeküste.

Bei einer Massenkarambolage auf der Autobahn 17 bei Pirna sind ein Mensch getötet und acht Menschen teils schwer verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, waren bei Glatteis am Morgen fünf Lkw und sieben Pkw kurz vor dem Grenzübergang zu Tschechien ineinandergerast. Der Fahrer eines polnischen Lastzuges wurde dabei tödlich verletzt. Unter den acht Verletzten befanden sich vier Kinder. Sie saßen in einem Pkw aus Holland, der bei dem Crash zwischen zwei Lastwagen eingeklemmt worden war. Eines der Kinder sowie der Fahrer des Pkws wurden schwer verletzt und mussten in ein Krankenhaus gebracht werden. Die Autobahn 17 war seit dem Unfall in beide Richtungen komplett gesperrt. Die Räumung der verkeilten Fahrzeuge sollte nach Polizeiangaben noch bis in die Abendstunden hinein andauern.

Auch die Straßen im Bereich des niedersächsischen Höhenzuges Elm (Landkreis Helmstedt und Landkreis Wolfenbüttel) waren für den gesamten Verkehr gesperrt. In den Landkreisen Stade, Lüchow-Dannenberg und Uelzen gibt es wegen starken Schneeverwehungen ein Fahrverbot für die Kreisstraßen.

Am Donnerstagabend kam es auch in Nordrhein-Westfalen zu starken Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs. Am Niederrhein fuhren sich viele Autofahrer in Schneeverwehungen fest, wie die Polizei Wesel mitteilte. Die Landesleitstelle zählte von Donnerstag bis zum frühen Freitagmorgen 1734 witterungsbedingte Unfälle mit insgesamt 16 Verletzten. In den Regierungsbezirken Arnsberg und Detmold bestand weiterhin ein Lastwagen-Fahrverbot.

Flughäfen gesperrt

Auf der Autobahn 9 (Berlin-München) bei Weißenfels in Sachsen-Anhalt kam am Donnerstagabend bei einer Massenkarambolage ein Mann ums Leben. 51 Fahrzeuge waren in die Unfallserie auf eisglatter Fahrbahn und bei Nebel verwickelt. Zehn Menschen wurden verletzt. Auf der wichtigen und stark befahrenen Nord-Süd-Route bildete sich ein zehn Kilometer langer Stau in Richtung München.

Massenkarambolagen und gesperrte Flughäfen

Auf der wichtigsten Ost-West-Trasse, der Autobahn 2, kam der Verkehr nahezu zum Erliegen. Zwischen Hannover und der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt staute sich der Verkehr am Abend in beiden Richtungen auf 100 Kilometer Länge. "Seit Stunden geht hier fast gar nichts mehr. Nur Schritttempo ist möglich", sagte Holger Heuer von der Verkehrsmanagementzentrale Niedersachsen. Zudem kamen die Streufahrzeuge kaum durch. "Wir raten, gar nicht erst loszufahren", betonte Heuer.

Auch der Flugverkehr in Europa ist weiterhin stark beeinträchtigt. Auf dem Flughafen Düsseldorf sind Starts und Landungen erst wieder seit Mittag möglich, zuvor war der Flugbetrieb komplett ausgesetzt worden. 65 Flüge wurden gestrichen. Da stetig neuer Schnee fällt, konnten die Räumdienste die Start- und Landebahnen, die Rollwege und das Vorfeld nicht freihalten. Im Laufe des Tages kann es zu weiteren Behinderungen kommen.

Auf dem Pariser Großflughafen Roissy-Charles de Gaulle haben die Behörden ein Terminal evakuiert, weil sie aufgrund großer Schneemassen den Einsturz des Daches befürchteten. Rund 2000 Menschen seien aus dem Terminal 2E in Sicherheit gebracht worden, teilte die Flughafenverwaltung am Freitag mit. Es sei eine Sicherheitsvorkehrung, da sich auf dem Dach etwa 60 Zentimeter hoch der Schnee gesammelt habe. Die Feuerwehr wurde eingesetzt, um das Dach zu räumen. Im Mai 2004 war ein Teil des Terminals 2E kurz nach seiner Einweihung auf 30 Metern Länge eingestürzt. Vier Menschen waren dabei getötet worden. Ursache des Unglücks waren Konstruktionsmängel gewesen. In Roissy harren derzeit Tausende Menschen aus, weil ihre Flüge wegen des Wetterchaos gestrichen wurden oder verspätet sind.

In Deutschland bleibt es an den Feiertagen weiter winterlich. Nach kurzzeitigem Temperaturanstieg mit gefährlichem Glatteis fällt das Quecksilber zum Weihnachtsfest wieder deutlich unter die Null-Grad-Marke. Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach rechnet erneut mit teils ergiebigem Schneefall und Glätte. Von der Ostsee bis ins Rheinland können vereinzelt erneut über 20 Zentimeter Schnee fallen, und ein kräftiger Wind sorgt in Norddeutschland für Schneeverwehungen.

Der heftige Schneefall bremste auch den Weihnachtsmann aus: Vielerorts konnten Briefe und Pakete nicht ausgeliefert werden. "Unsere Leute stellen überall da zu, wo es menschenmöglich ist", sagte ein Sprecher der Deutschen Post am Freitag in Düsseldorf. Orte und Stadtteile, die nicht geräumt oder gestreut sind, könne man jedoch nicht versorgen. "Dann kann es sein, dass der heiß ersehnte Weihnachtsgruß erst nach dem Fest ankommt." Die Entscheidung liege bei den Boten vor Ort.

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