Winter weltweit:So geht man in anderen Ländern mit Minusgraden um

Kulturhauptstadt Umeå

In Skandinavien liegen die kältesten Orte in Lappland. Dort können die Temperaturen unter minus 50 Grad fallen.

(Foto: dpa)

Heizdecke, Happy Lamp oder Eimerdusche unter freiem Himmel - SZ-Korrespondenten stellen die besten Tipps gegen eisige Temperaturen vor.

Es ist bitterkalt. Sogar in Rom hat es geschneit, alle Schulen und Kindergärten, auch das Kolosseum blieb geschlossen. In Paris wurden wegen der Kälte seit Anfang Februar 700 zusätzliche Betten für Obdachlose in gewärmten Turnhallen aufgestellt. In Polen stieg die Zahl der Kältetoten seit November auf insgesamt 48. Auf den eiskalten Straßen Schwedens kollidierte der Wagen von Ministerpräsident Stefan Löfven südlich von Uppsala mit einem querstehenden Laster und nördlich von Stockholm kam es wegen Schneefalls zu einer Massenkarambolage mit 20 Fahrzeugen. Sogar in der griechischen Hafenstadt Thessaloniki schneite es, viele Straßen in der nordgriechischen Provinz Mazedonien waren nur mit Schneeketten befahrbar. Und in Deutschland? Allein rund um Lübeck zählte die Polizei innerhalb weniger Stunden rund 100 Verkehrsunfälle. Auch in Hamburg, Berlin und München gab es Chaos im Berufsverkehr. Es bleibt kalt. Deshalb wird es Zeit, sich mal umzuhören wie man in anderen Ländern mit Minus-Temperaturen umgeht.

Lappland, Skandinavien, minus 50 Grad

Die kältesten Orte in Skandinavien liegen in Lappland. Dort können die Temperaturen unter minus 50 Grad fallen, zum Beispiel der schwedischen Provinz Arjeplog, dem finnischen Kittilä und im norwegischen Finnmark. Der wichtigste Tipp ist dann, zu Hause zu bleiben. Wenn es so kalt ist, dass auch die Schneemobile der Rentierzüchter nicht mehr starten wollen und Handy-Akkus wegen der Kälte aufgeben, dann geht nur noch vor die Tür, wer unbedingt muss. Der sollte dann passende Kleidung anhaben, Schuhe mit ausreichend Platz für dicke Socken, oder besser noch Nutukkaat-Stiefel aus Rentier-Fell. Dafür ziehen die Samen den geschlachteten Tieren das Fell von den Beinen, um damit selbst durch den Schnee zu stapfen. Überhaupt sollte man es bei Minustemperaturen möglichst langsam angehen lassen. Das Institut für Gesundheit am Arbeitsplatz im finnischen Oulu warnt, dass in Finnland mehr Menschen an Kälte sterben als durch Autofälle. Silke Bigalke

Yuzawa, Japan, minus 11 Grad

Japan ist ein Winterland, in der "Schneeland" genannten Gegend um Yuzawa fallen jährlich zwölf Meter Schnee. Im Innern der Nordinsel Hokkaido liegen die Durchschnittstemperaturen im Januar unter minus 11 Grad. Und selbst in Tokio kann es in den Winternächten sehr kalt werden. Dennoch sind Japans traditionelle Häuser kaum oder gar nicht isoliert. Angeblich weil sie in den heißen Sommern dann luftiger seien. In diesen Häusern heizt man nur einzelne Räume, nie das ganze Haus. Außerdem haben die Japaner den Kotatsu erfunden, eine große dicke Heizdecke, mit der sie ihre niedrigen Tische bedecken und die Beine drunter stecken. Dort wird es einem fast zu warm. Unter ihre Futons, den dünnen japanischen Matratzen, liegt im Winter eine elektrisch beheizte Wolldecke. Und für Hosentaschen oder Handschuhe kaufen sie Wärmepflaster. Aus dem gleichen Material gibt es auch innere Sohlen für die Schuhe. Christoph Neidhart

Barrow, Alaska, bis zu minus 50 Grad

Selbst der Sommer ist in Alaska zum Frieren. In Barrow, der nördlichsten Stadt der USA, knackt das Thermometer erst im Juni die Null-Grad-Marke. Im Juli beträgt die Durchschnittstemperatur knapp drei Grad Celsius. Wer nach Barrow zieht - die meisten der 4500 Bewohner arbeiten im Energiesektor - bekommt von den örtlichen Umzugsunternehmen Tipps für die neue eisige Heimat an die Hand. Neben den obligatorischen Empfehlungen, wie Mensch und Auto am besten warmzuhalten sind, wird zur baldigen Anschaffung einer Happy Lamp gegen den Winter-Blues geraten. Weiter ist zu lesen, dass man sich besser nicht in schlecht beleuchteten Gassen herumtreibe - im tiefsten Winter trinke der Einheimische gerne, da könnten Begegnungen schon mal handfester werden. Wer da kalte Füße bekommt, könnte in Barrow falsch sein. Johanna Bruckner

Daegwallyeong, Südkorea, minus 28,9 Grad

Das Stadion für die Eröffnungs- und Schlussfeier der Olympischen Winterspiele von Pyeongchang liegt im Dorf Daegwallyeong, dem Kältepol Südkoreas. Die tiefste hier gemessene Temperatur betrug minus 28,9 Grad. Doch weil über den östlichsten Kamm der Taebaek-Berge meist ein starker Wind weht, fühlt sich das Wetter oft noch kälter an als es ist. Das wussten auch die Organisatoren der Winterspiele. Für ihre freiwilligen Helfer und die Offiziellen schufen sie deshalb einen langen, besonders warmen Daunenmantel. Für einen günstigen Preis kam er auch in den allgemeinen Verkauf. Viele Südkoreaner, die sonst keinerlei Interesse an Olympia hatten, warteten deswegen sehnlichst auf die Spiele. Sie sicherten sich online einen solchen Memorial-Mantel, der sie nun warm hält. Christoph Neidhart

Am kältesten Ort der Welt hat es fast minus 70 Grad

Werchojansk, Russland, minus 67,8 Grad

Die Kleinstadt Werchojansk und das Dorf Oimjakon in der nordostsibirischen Republik Jakutien sind nicht nur die kältesten bewohnten Orte Russlands, sondern der ganzen Welt. Die offiziell anerkannte Tiefsttemperatur von minus 67,8 Grad Celsius wurde an beiden Orten unabhängig voneinander gemessen - im Falle Werchojansks bereits im Jahr 1892, während der Wert in Oimjakon im Jahr 1933 festgestellt wurde. Wer den Fuß hier im Winter vor die Tür setzt, hat sich sehr gewissenhaft eingepackt: ein dicker Fellmantel, Fellmütze, Schal, Handschuhe und verschiedene Lagen von Thermo-Unterwäsche sind hier unerlässlich, will man Erfrierungen vermeiden. Erkältungskrankheiten drohen natürlich trotzdem, doch dagegen trainieren die Menschen in Sibirien ihre Widerstandskräfte oft schon von Kindesbeinen an. Viele der dortigen Ärzte sind überzeugt davon, dass es das Immunsystem des menschlichen Körpers stärkt, wenn er regelmäßig einem kurzen Kälteschock ausgesetzt wird. Deshalb werden schon im Kindergarten Drei- bis Sechsjährige einer regelmäßigen Eimer-Dusche mit eiskaltem Wasser unter freiem Winterhimmel unterzogen. Paul Katzenberger

Beiji, China, minus 50 Grad

Baijiu. Der chinesische Klare. 52 Prozent und mehr - darauf schwören sie im Dorf Beiji ganz im Norden des Landes, direkt an der Grenze zu Russland. Wodka aus dem Nachbarland, nein, den könne man auf gar keinen Fall trinken. Fürchterliches Zeug. Schon gar nicht bei dieser Kälte. 50 Grad minus, das haben die Chinesen hier öfter. Der Grenzfluss, der Amur, friert dann zu, man kann mit dem Auto über die dicke Eisdecke fahren. Bis vor wenigen Jahren war es hier oben menschenleer, ein paar Rentierzüchter gehüllt in warme Felle, sonst nichts. Doch mit der Ruhe ist es vorbei. In Chinas hohem Norden schallt jetzt Kirmes-Techno aus Lautsprechern, sogar ein Postamt haben sie aufgemacht, Touristen schreiben Ansichtskarten vom kältesten Ort des Landes. Per Flugzeug kommen sie ins nahegelegene Mohe und dann mit dem Bus nach Beiji. Wer die Ruhe sucht, der muss über die Grenze. Nach Sibirien. Zum Wodka. Christoph Giesen

Delhi, Indien, null Grad

Das Klima in Delhi wechselt in der Regel von heiß über sehr heiß bis hin zu unerträglich. Die meiste Zeit verbringen die Inder, die es sich leisten können, in den Hitze-Monaten in auf Kühlschrankniveau heruntergekühlten Räumen, in denen die Klimaanlage ohne Pause röhrt. Es gibt kurze Ausnahmen im Jahr, aber die haben es in sich: Im Dezember und Januar können die Temperaturen auf knapp über den Gefrierpunkt fallen. Feste Heizungen gibt es keine, auf den Basaren der Begüterten, wie dem Khan-Market, regiert in dieser Phase das Gesetz von Angebot und Nachfrage im Ringen um die letzten ölbetriebenen Radiatoren: Die Verkäufer verdoppeln dann mal gerne die Preise für die mobilen Heizgeräte. Den meisten Menschen fehlt dafür das Geld, sie müssen sich mit Decken begnügen. Tobias Matern

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