Süddeutsche Zeitung

William und Kate in Deutschland:Kuchenrezept für Kate

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Drei Stunden sind William und Kate in Heidelberg. Der Besuch bringt die Stadt an den Rand eines Verkehrsinfarkts, obwohl sie viele Touristen eigentlich gewohnt ist.

Von Jana Stegemann, Heidelberg

Auf der Alten Brücke in Heidelberg war der hohe Besuch schon am Vorabend das Topthema. Ausgerechnet die junge britische Reisegruppe dort wusste nicht, wer gemeint war, sie war nur wegen "lovely Highdelberg" angereist. Als sie hören, dass das britische Prinzenpaar nach Heidelberg reist, ruft einer: "Ah, Kate and Harry". Fast.

Drei Stunden besuchen Prinz William, 35, und Herzogin Kate, 35, am Donnerstag nach der Hauptstadt auch Deutschlands Vorzeige-Romantikstadt. Nach einer Stippvisite beim Deutschen Krebsforschungszentrum, wo die beiden auf viele Menschen in weißen Kitteln treffen, fahren die Royals mittags unter großem Jubel auf dem Marktplatz vorm Rathaus vor. Und wirklich, es hört auf zu regnen und die beiden spazieren mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und dessen Ehefrau Gerlinde eine halbe Stunde lang über einen eigens aufgebauten Markt, der hermetisch abgeriegelt ist.

Kate, die Brezelbäckerin

Als Statisten wurden dort 200 Gäste geladen - nach offiziellen Angaben ein "Querschnitt durch die Stadtgesellschaft". Darunter die ortsansässige ehemalige Schwimmerin Franziska van Almsick mit ihrem Lebensgefährten. Die Schaulustigen hinter dem Zaun rufen vor allem nach Herzogin Kate, und das recht laut. Die aber stellt den Menschen an den Markständen unbeirrt freundliche Fragen zu den regionalen Produkten. Den Wein probieren? Nein danke. Lieber posiert sie mit ihrem Mann beim Schlingen von Brezeln.

Nach dem blauen Kleid vom Vortag trägt sie diesmal ein europasterngelbes Jaquardkleid unter der Bäckerschürze. Immerhin hatte das Paar vor seiner Reise angekündigt, unbedingt den Kontakt zu den Menschen suchen zu wollen; es gilt ja zusammenzustehen, auch in Brexit-Zeiten, so lautet das Motto der Reise.

In Renate Kinzingers Fall hat das prima geklappt. Von der 61-Jährigen, die an diesem Tag am Kuchenstand aushalf, aber eigentlich die zweite Vorsitzende der Deutsch-Britischen Gesellschaft in Heidelberg ist, erfragte die Herzogin das Rezept des selbstgebackenen Kuchens. Verrät man sowas?

"Klar, wenn sie schon so nett fragt", sagt Kinzinger später, "zehn Eier, ganz viel Zucker und Haselnüsse und Aprikosenmarmelade". Am Stand sei William "sehr charmant und höflich" gewesen, aber Kate "viel gesprächiger". Sie habe sogar die zwei Kerzen auf dem Nusskuchen ausgeblasen.

So viel kostet drei Stunden royales Winken

Immer wieder tun William und Kate auch das, was in einer repräsentativen Monarchie zu ihren Hauptaufgaben gehört: winken. Und alle knipsen zurück. Wie das wohl von der anderen Seite aussieht, in eine Wand von Smartphones zu lächeln?

Später sieht man die gesprächige Herzogin in Jeans und Ringelshirt in einem Ruderachter auf dem Neckar. Schnelle Siegerehrung, dann ist der hohe Besuch auch schon wieder weg.

Die drei Stunden royales Winken haben die Stadt Heidelberg laut Rhein-Neckar-Zeitung 80 000 Euro gekostet, außerdem komme ein sechsstelliger Betrag für den Einsatz von Hunderten Polizisten in den Straßen hinzu. Etwa 1500 Anwohner in der Altstadt durften nur in ihren Wohnungen bleiben, nachdem sie vom Landeskriminalamt überprüft worden waren.

Was also bleibt? Eine Bilanz des Spektakels von etwa 30 000 Zuschauern, ein Verkehrsinfarkt rund um die Heidelberger Kulisse und sicherlich Abertausende Handyfotos. Für den Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner war der Besuch "eine enorme Ehre". Für einen Anwohner nur ärgerlich: "Wir brauchen nicht noch mehr Werbung, wir haben schon genug Touristen in Heidelberg."

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Quelle:
SZ vom 21.07.17
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