William Bratton wieder Chef des NYPD:Mit aggressiver Taktik gegen Gewalt

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Rausgehen und Kriminelle jagen, dafür ist er bekannt: William Bratton wird erneut Chef der New Yorker Polizei. Der 66-Jährige griff bereits während seiner ersten Amtszeit hart gegen Verbrecher durch - mit Erfolg.

Von Hubert Wetzel

William Joseph Bratton kennt New York, und er kennt den Job. Als er 1994 zum ersten Mal Polizeichef der Stadt wurde, war New York ein von Gewalt und Crack zerfressener Moloch, mehr als 2000 Morde gab es in jenem Jahr. Jetzt, im Alter von 66 Jahren, wird Bratton wieder Chef des New York Police Department (NYPD). Der künftige Bürgermeister Bill de Blasio verkündete die Personalie - die wohl wichtigste, über die er entscheiden musste - am Donnerstag. Im Vergleich zu den Neunzigerjahren freilich ist New York heute ein Kinderspielplatz, bisher gab es in diesem Jahr 300 Tötungsdelikte - ein historisches Tief.

Fachleute streiten immer noch darüber, was die Gründe waren für das rapide Sinken der Kriminalitätsrate in fast allen US-Großstädten in den vergangenen 20 Jahren. Einen Teil haben wohl Polizeichefs wie Bratton dazu beigetragen. Das NYPD war 1994 ein desolater Haufen, korrupt, demoralisiert, vom alltäglichen Verbrechen überwältigt. Die Bürger vertrauten der Polizei nicht, die Gangster respektierten sie nicht. Bratton setzte auf ein Konzept, das als die "Theorie des zerbrochenen Fensters" bekannt wurde. Im Kern besagt es, dass Kriminalitätsbekämpfung bei den kleinsten Delikten anfangen muss, beim eingeschlagenen Fenster. Wer das Gesetz bricht, wird verfolgt - egal ob er schwarzgefahren ist oder jemanden getötet hat. "Wir werden um jedes Haus in der Stadt kämpfen; wir werden um jede Straße kämpfen; wir werden um jeden Stadtteil kämpfen", schwor Bratton. "Und wir werden gewinnen."

Für die Polizisten bedeutete das: rausgehen und Kriminelle jagen. Es gab Brutalität, und es gab Tote. Das harte Vorgehen war einerseits höchst umstritten, andererseits aber auch so effektiv, dass Brattons Boss, Bürgermeister Rudy Giuliani, neidisch wurde und seinen Polizeichef 1996 wieder rauswarf. Das NYPD behielt Brattons Konzept jedoch bei, bis heute. Erst jüngst wurde es durch ein Gerichtsurteil infrage gestellt, das die sogenannte Stop-and-Frisk-Taktik - das massenhafte Anhalten und Durchsuchen von möglichen Verdächtigen - für illegal erklärte.

De Blasio hat im Wahlkampf scharf gegen Stop-and-Frisk gewettert und ein Ende der oft als rassistisch empfundenen Praxis versprochen. Umso größer ist nun die Überraschung, dass er einen leidenschaftlichen Befürworter dieses Vorgehens zum Polizeichef ernannt hat.

Doch zum einen will auch de Blasio nicht als derjenige in die Geschichte eingehen, unter dem New York wieder zu Gotham City wurde. Zum anderen hat Bratton offenbar dazugelernt. 2002 wurde er Polizeichef einer anderen von Kriminalität zerrütteten Metropole: Los Angeles. Auch dort führte er zunächst seine aggressive Taktik ein. Um die üble Gewalt zwischen Gangs einzudämmen, ließ Bratton seine Beamten aber auch mit Gang-Aussteigern und sogar aktiven Mitgliedern zusammenarbeiten. Anscheinend mit Erfolg: Auch in LA fiel die Kriminalitätsrate auf einen historischen Tiefstand.

© SZ vom 07.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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