Wild gewordene Pferde:Fackelzug endet in Katastrophe

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Es sollte ein romantischer Ausritt werden - am Ende waren 44 Menschen zum Teil schwer verletzt: Bei einem Fackelzug im Emsland sind mehr als 100 Pferde durchgegangen und panisch über Kinder und Jugendliche getrampelt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Einen vergleichbaren Einsatz haben die Rettungskräfte im niedersächsischen Emsland noch nie erlebt: Bei einem nächtlichen Ausritt sind am Donnerstagabend mehr als 100 Pferde durchgegangen und haben 44 Kinder und Jugendliche zum Teil schwer verletzt.

Es sollte ein romantischer Ausflug werden - dann wurden 36 Menschen verletzt. Bei einem Fackelzug im niedersächsischen Emsland sind 150 Pferde durchgegangen. (Foto: APN)

Die Tiere warfen ihre Reiter ab und trampelten sie teilweise nieder. Ein 14-jähriges Mädchen schwebte nach Angaben der Polizei vorübergehend sogar in Lebensgefahr.

Die Gruppe von etwa 100 Jungen und Mädchen war von einem Reiterhof in der Lathener Ortschaft Hilter zu einem nächtlichen Ausritt aufgebrochen. Mit dabei waren drei hauptamtliche Begleiter, etwa 25 weitere Erwachsene und einige Planwagen. Ziel war ein Lagerfeuer-Platz. Beleuchtet wurde der Zug von Fackelschein. Im Tross ritten sieben Reiter mit brennenden Fackeln. "Solche Ritte waren schon häufig der Höhepunkt zum Abschluss von Reiterferien auf dem Ferienhof", sagte Lathens Bürgermeister Wolfgang Berger (CDU). "Das machen die oft."

Wie bei früheren Gelegenheit ging auch diesmal alles gut, bis sich die Pferde-Kolonne kurz vor 22 Uhr auf dem Rückweg wieder dem Reiterhof näherte. Auf einer asphaltierten Straße soll zunächst ein Pferd an einer Engstelle gescheut haben. Daraufhin hätten dann auch die meisten anderen Tiere Panik bekommen, sagte Polizeisprecher Achim van Remmerden.

Die Pferde gingen durch, warfen die jungen Reiter ab und donnerten dann über die am Boden liegenden Mädchen und Jungen hinweg. 44 Kinder und Jugendliche wurden verletzt, 39 davon so schwer, dass sie in die Krankenhäuser der umliegenden Städte gebracht werden mussten, sagte der Sprecher des Landkreises Emsland, Udo Maesker.

Die meisten Opfer erlitten Knochenbrüche und Prellungen. Eine 14-jährige Schülerin aus Düsseldorf wurde so unglücklich getroffen, dass sie vorübergehend sogar in Lebensgefahr schwebte. Ihr Zustand habe sich aber stabilisiert, teilten die Behörden mit. Am Freitagvormittag befanden sich noch insgesamt 16 Verletzte in den Krankenhäusern.

Was die Massenpanik unter den Reitpferden ausgelöst habe, sei noch nicht abschließend geklärt, sagte Polizeisprecher van Rammerden. Nach Angaben des Landkreises Emsland könnte eine zu Boden gefallene Fackel die Pferde erschreckt haben. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung gegen die Verantwortlichen des Reiterhofes ein.

Ponyhof-Betreiber bedauern den Unfall

Die Inhaber-Familie des Ponyhofes bedauerte den Unfall in einer schriftlichen Stellungnahme. Ein Fackelritt finde nahezu wöchentlich statt. In den 40 Jahren seit Bestehen des Ferienhofes habe es keine ähnliche Situation gegeben. Um die finanziellen Folgen der Verletzungen müssten sich die betroffenen Familien keine Sorgen machen, sagte eine Sprecherin. Der Reiterhof sei versichert.

Die verletzten Kinder und Jugendlichen stammen aus unterschiedlichen Orten in Nordrhein-Westfalen. Sie hatten in kleinen Gruppen oder einzeln ihre Ferien auf dem Reiterhof verbracht. Die Region gilt als Pferdeland. "Reiterhöfe gibt es hier überall", sagt Lathens Bürgermeister Wolfgang Berger. "In Hilter mit seinen rund 100 Einwohner leben mit Sicherheit sogar mehr Pferde als Menschen"" Die Region werde vor allem von reitbegeisterten Gästen aus Nordrhein-Westfalen geschätzt.

Für Bürgermeister Berger ist klar, dass jetzt darüber diskutiert werden muss, ob es weitere Massenausritte im Fackelschein geben soll. "Man weiß doch, dass Feuer Pferde wild machen kann."

Zwölf Stunden nach dem Massen-Unglück geht das Leben auf dem Reiterhof weiter. Ein paar Kinder kümmern sich um die Ponys, ein kleines Mädchen geht über den Hof. Es schleppt eine Tasche, hinkt, weint - und wartet darauf, von seinen Eltern abgeholt zu werden.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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