Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Gute Nachrichten fürs Ego

Bei Whatsapp können Nutzer sich in Zukunft selbst Mitteilungen schicken. Die moderne Form des Selbstgesprächs kann helfen, den Alltag zu ordnen. Doch viel wichtiger: Niemand widerspricht einem.

Von Titus Arnu

So, jetzt soll ich auf die Schnelle auch noch einen möglichst geistreichen, unterhaltsamen Text mit positivem Ende schreiben, und das vor dem Mittagessen! Wie soll das denn gehen? Mal sehen ... einfach mal drauflostippen. Mist, Finger sind kalt. Vielleicht die Heizung hochdrehen? Hm, das wird zu teuer. Seufz. Erst mal einen Espresso machen ... Ähm, sorry für dieses aus Versehen mitgetippte Selbstgespräch, jetzt geht's los.

96 Prozent aller Erwachsenen sprechen hin und wieder mit sich selbst, wie Umfragen zeigen. Und das ist nicht unbedingt ein Zeichen von Verblödung oder Einsamkeit. Selbstgespräche helfen dabei, besser mit Angst, Überforderung und Trauer umzugehen. Wer etwas ausspricht, verlangsamt das Gedankenkarussell und hilft sich selbst, die Realität zu begreifen. Laut einer Studie der University of Michigan sind Selbstgespräche in der dritten Person der beste Weg, um sich zu beruhigen. Leider wirkt es immer etwas wunderlich, wenn man so allein vor sich hin brabbelt.

Gute Nachricht deshalb an das eigene Ego: Bei Whatsapp kann man sich endlich selbst schreiben. Das hört dann auch niemand. In Zukunft sehen Nutzer des Dienstes ihren Kontakt ganz oben in der Liste und können sich dann selbst Nachrichten schicken. Erinnerungen, Einkaufszettel, Sehnsüchte, Träume: geht alles nicht verloren, wenn man es sich selbst schickt. Auch wenn die vermeintlich nobelpreisverdächtige Idee, die man nachts hatte, sich beim späteren Lesen als Nonsens entpuppt. Was zur Hölle soll "Knorzy wömbög" eigentlich bedeuten? "Interessante Selbstgespräche setzen einen klugen Partner voraus", schrieb der Science-Fiction-Autor H. G. Wells. Notiz an mich selbst: Wells war ein schlauer Mann.

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