Wetterfrosch:Der Mann, der es macht

Wenig interessiert die Menschen morgens mehr als das Wetter - Beim ZDF gibt es jetzt einen "Wettervogel".

Hans Hoff

Das Wetter hat dem Menschen etwas voraus. Es muss sich nicht ums Wetter scheren. Ob es stürmt, schneit oder brütet, das Wetter ist sich selbst schnurzpiepegal. Ein bisschen von dieser Gleichgültigkeit färbt über die Jahre offenbar auch auf jene ab, die sich mit dem Wetter beschäftigen.

Wetterfrosch: Wolken über Berlin, Sonne über Rostock. Das kann man doch auch lustiger sagen...

Wolken über Berlin, Sonne über Rostock. Das kann man doch auch lustiger sagen...

(Foto: Foto: ddp)

Sie tragen dann ziemlich hässliche Sauerkrautbärte oder grauenerregende Fliegen, fuchteln wie Hip-Hop-Artisten mit den Händen in der Luft herum oder leisten sich den Luxus, ohne Regenschirm auszukommen.

Benedikt Vogel besitzt keinen Regenschirm. "Das meiste geht sowieso vorbei", sagt er, und meint den Regen, der ja nur so viel Körper treffen kann, wie da ist, was einmal mehr belegt, dass es kein schlechtes Wetter, sondern höchstens schlechte Sichtweisen gibt.

Der Mann ist Meteorologe und den Hörern von SWR 3 wohl bekannt. Dort hat er zwischen Sommer 1998 und Silvester 2004 dem Wetter ein Profil gegeben, das zur "Ich bin aber so was von locker drauf"-Attitüde des berufsjugendlichen Programms passte. Die wenigsten Hörer dürften ihn indes unter seinem bürgerlichen Namen kennen. Für die Radiokunden war er stets der Ben Wettervogel.

Den Künstlernamen hat sich der 43-Jährige sogar in den Ausweis eintragen lassen, was seinen neuen Chef natürlich umgehend zu einem Ausflug in die Wortspielhölle veranlasst. "Der Wettervogel ist in der Hauptstadt gelandet", sagt mit pathetisch gefärbter Stimme Eckart Gaddum, Leiter des ZDF-Morgenmagazins, in dem Ben Wettervogel an diesem Montag sein Fernsehdebüt gibt.

Um 5.33 Uhr geht er erstmals auf Sendung und muss dann allmorgendlich bis neun Uhr siebenmal das Wetter erklären. Das ZDF schwenkt damit ein auf eine Linie, die das ARD-Morgenmagazin seit Jahren befährt. Dort ist Karsten Schwanke zuständig für Prognosen und Ist-Reportagen rund ums Wetter.

Der bezeichnet sich als Moderator, weil er meist ein bisschen mehr erzählt als er muss, weil er in dreieinhalb Stunden siebenmal zwei Minuten zu füllen hat, was in der Summe 14 Minuten freies Wort ergibt. "Ich erzähle, was ich weiß, aus dem Bauch heraus", sagt Schwanke, der als freier Mitarbeiter bei Kachelmanns-Wetterkonzern Meteomedia angebunden ist, in den Sendewochen der ARD aber völlig frei agiert.

Um drei Uhr morgens aufstehen

"Ich bin ein Alleinunterhalter, weil ich alles allein mache", sagt der 35-jährige Meteorologe, der morgens um drei Uhr aufsteht und um halb vier im Büro einen ersten Blick auf die Daten wirft.

Schwanke berichtet, dass die Wetterberichte morgens oft die besten Quotenwerte erzielen. Nicht, weil er so schön erzählt, sondern weil die Menschen wissen wollen, was sie anziehen sollen. "Die Leute wollen das Wetter. Punkt."

Allzu viel Firlefanz drum herum sei allenfalls angesagt, wenn die Wetterlage sich kaum entwickle, wenn auch ein kurzer Blick nach draußen alles sage. "Die Leute wollen keinen Hampelmann sehen", sagt Schwanke, der seit 1995 in Kachelmanns Diensten steht und nach dem Studium erste Erfahrungen beim Radio sammelte.

Ihm gefällt, dass er viel raus darf. Sein Wetter kommt deshalb auch mal von der grünen Wiese oder direkt aus dem Gebirge, je nachdem wohin ihn das MoMa beordert. Der Höhepunkt für ARD-Mann Schwanke war eine Himalaja-Expedition, bei der er den Gipfelsturm des Bergsteigers Hans Kammerlander journalistisch begleiten und ins deutsche Frühstücks-TV reportieren durfte.

"Das geht mir ganz schön auf die Klammer"

Ganz so hoch hinaus will der ZDF-Wettervogel vorerst nicht. Für ihn liegen die großen Gipfel erst einmal im Studio. Schließlich ist Vogel Radiomensch und muss sich erst daran gewöhnen, nicht nur zu sprechen, sondern auch noch ansprechend auszusehen: "Da geht mir ganz schön die Klammer." Das ZDF hat ihm eine Beraterin an die Seite gestellt.

Redaktionschef Gaddum setzt auf das natürliche Mitteilungsbedürfnis seiner Neuerwerbung. "Radioleute haben per se sehr gute Voraussetzungen", lobt er: "Die haben den Mut, zu reden." Natürlich müssen dazu auch die Fachkenntnisse kommen.

Seine Daten bezieht Wettervogel vom Berliner Dienstleister MC Wetter, der allerdings keine Gewähr für die daraus gezogenen Prognosen übernimmt. "Ich bin der Mann, der es macht, und der ist immer schuld", sagt Wettervogel vorbeugend.

Das falsche Wetter hat man schnell mal über den Sender geschickt, und sei es nur, dass man statt 24 Grad lediglich 23 prognostiziert hat. Aber mit so einer Ungenauigkeit muss ein Meteorologe nun mal leben, auch mit den Beschimpfungen und Protesten, die oft folgen. Das geht, man hat ja gelernt gelassen zu bleiben.

Lästiger ist den öffentlich-rechtlichen Wettervögeln dagegen so manche Begegnung in der Freizeit. Wenn sie da nur mal kurz ihre Profession verraten, lautet die Folgefrage in 99 Prozent aller Fälle: "Und? Wie wird das Wetter?"

"Ich habe keinen bock, immer über das Wetter zu reden"

Für Ben Wettervogel gehört so etwas zu den höchst unangenehmen Seiten seines Jobs. "Ich habe keinen Bock, immer übers Wetter reden zu müssen." Karsten Schwanke, der schon etwas länger beim Fernsehen ist und daher häufiger erkannt wird, sieht das gelassener. "Das ist schon ein Fluch.

Man will doch nicht darauf reduziert werden." Letztlich sieht er das als einen Versuch der Menschen, freundlich "Hallo" zu sagen: "Die Leute wissen ja auch nicht, was sie im Urlaub auf die Postkarte schreiben sollen."

Wie sollen sie sich da beim Umgang mit einem Meteorologen kreativer verhalten? Und schließlich gilt ja für Zuschauerfragen das Gleiche wie für den Regen: Das meiste geht sowieso vorbei.

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