Wetter:Orkantief verlief glimpflich: Strandabbruch auf Wangerooge

Bremen
Orkantief "Sabine" hat den Menschen in Niedersachsen und Bremen am Montag einen stürmischen Wochenstart gebracht. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Hannover/Emden (dpa/lni) - Orkanartige Böen, Sturm, Regen, Hagel - alles hatte "Sabine" im Gepäck. Der heftige Wintersturm richtete aber nach einer ersten Bilanz in Niedersachsen weniger Schäden als befürchtet an. In Bremen gab die Feuerwehr am Montag offiziell Entwarnung. In der Nacht sollte der Wind laut Deutschem Wetterdienst vorübergehend abflauen. Während sich der Verkehr auf Straße und Schiene zunächst weitgehend normalisierte, stellten sich Küsten und Inseln auf Sturmfluten ein.

KÜSTE UND INSELN:

Auf Wangerooge riss das aufgepeitschte Meer ein riesiges Stück Strand mit. Die Abbruchkante sei teilweise bis zu zwei Meter hoch und erstrecke sich am Hauptstrand über eine Länge von etwa einem Kilometer, sagte der Vize-Ratsvorsitzende der Insel, Peter Kuchenbuch- Hanken (Grüne). Wangerooges Bürgermeister Marcel Fangohr (parteilos) sagte, der Scheitelpunkt der Flut sei höher als vorausberechnet gewesen. "Wenn das drei Tage so anhält, dann werden wir vielleicht nachher gar keinen Strand mehr haben."

Auf Wangerooge halten sich laut Fangohr derzeit nur wenige Touristen auf, die die Insel auch ohne Fähren verlassen könnten. Während vom Flugplatz Norddeich wegen hoher Windgeschwindigkeiten keine Maschinen mehr nach Juist und Norderney starteten, wurde Wangerooge bis Montagnachmittag beinahe stündlich angesteuert.

Nach Angaben des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz werden nach der leichten Sturmflut am Montagmittag noch vier weitere bis Mittwoch erwartet. Danach werde man den Schaden begutachten, so ein Sprecher. Auch die Häfen bereiteten sich auf leichte Überflutungen der Hafenanlagen vor.

Der Fährverkehr von und zur Insel Borkum wurde am Sonntagnachmittag eingestellt. Insulanerin Erika Amshoff musste bei einer Freundin auf dem Festland übernachten. "Wir sind das gewohnt. Wir sagen dann immer: So‘n bisschen Wind." Die 47-Jährige erinnert sich, wie ihr Vater einst im Sturm raus musste, um den Deich zu reparieren; da seien die Auswirkungen von "Sabine" harmlos. Insel-Leuchtturmwärter Hans-Jürgen Clausing nennt Windstärken neun bis zehn wie am Vortag ebenfalls harmlos: "Wir sind andere Stürme gewohnt."

ZUGVERKEHR: Der Bahnverkehr lief am Montag wieder im Regionalverkehr langsam wieder an. "Das sieht alles relativ gut aus", so eine Bahnsprecherin mit Blick auf den Norden. Am Sonntagabend ging dagegen nichts mehr. Die Deutsche Bahn hatte auch am Hauptbahnhof Hannover Übernachtungszüge bereitgestellt, die von 110 gestrandeten Fahrgästen genutzt wurden. Eine von ihnen war Birgit Schiller. "Wirklich geschlafen habe ich nicht", sagt die Brandenburgerin aus Luckenwalde, die übers Wochenende Freunde in Holzminden im Weserbergland besucht hatte. Die Bahn habe Essenspakete, Zahnbürsten und Decken bereitgestellt. "Der Bahn kann man da keinen Vorwurf machen, die hat ja tagelang vorher gewarnt. Ich dachte einfach, dass ich es vor dem Sturm noch schaffe", erzählt Schiller.

AUTOBAHNEN: Auf der A29 wurde ein Lkw mit Anhänger durch den Wind auf der Brücke über den Fluss Hunte umgerissen. Das Fahrzeug lag quer auf der Fahrbahn, der Fahrer wurde laut Polizei verletzt. Der Lkw habe dem Wind eine zu große Angriffsfläche geboten, so ein Sprecher. Wegen Sturmschäden gesperrt war in der kompletten Nacht und am Morgen die zentrale Nord-Süd-Verbindung, die Autobahn A7, zwischen Hildesheim und dem Dreieck Salzgitter. "Das war schon ein großer Sturm für uns", sagte Erhard Wien von der Autobahnmeisterei Hildesheim. Mithilfe von Kettensägen entfernten Straßenmeister einige umgestürzte Bäume. Die A1 und A39 mussten zur Räumung kurzfristig gesperrt werden.

FLUGHÄFEN: Rund ein Drittel der Flüge wurde am Flughafen Hannover gestrichen. Wahrscheinlich ab Dienstag werde wieder der normale Flugplan gelten, hieß es. In Bremen wurden am Sonntag 10 abgehende und 14 ankommende Flüge gestrichen; am Montag waren es 6 ankommende und 8 abgehende Flüge.

FEUERWEHR- UND POLIZEI: Viel zu tun hatten die Feuerwehrleute und Polizisten im Land. Insgesamt gab es in Niedersachsen bis zum frühen Montagmorgen rund 1000 Polizeieinsätze. Umgestürzte Bäume führten zu Dauereinsätzen, viele Straßen waren blockiert. Im Harz etwa waren außer Nebenstrecken auch mehrere Bundesstraßen nicht passierbar, wie ein Polizeisprecher in Goslar sagte.

SCHULEN: In vielen niedersächsischen Landkreisen sowie in Bremen und Bremerhaven blieben die allgemeinen und berufsbildenden Schulen am Montag wegen "Sabine" geschlossen. "Die Lageeinschätzung der Feuerwehr war mehr als deutlich", begründete eine Sprecherin der Bremer Bildungsbehörde den Schritt.

HARZ UND WALD: Auf dem Brocken brachte es "Sabine" in Böen auf Geschwindigkeiten von bis zu 171 Kilometer je Stunde. Der Wert wurde am Montagmorgen um 4.00 Uhr auf dem Gipfel gemessen, wie der DWD in Offenbach mitteilte. "Sabine" ist laut DWD ein Winterorkan, wie er etwa alle zwei Jahre vorkommt. So stark wie "Kyrill" (2007) oder "Lothar" (1999) sollte "Sabine" aber nicht werden. Die Nationalparkverwaltung Harz warnte "dringend" vor einem Besuch der Wälder. "Es besteht weiterhin eine akute Gefahr für Leib und Leben", sagte ein Sprecher.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: