Wetter in Deutschland:Gefühltes Jahrhundert-Tief

Wetter, Winter, Feldhase im Schnee

Ein Feldhase versteckt sich im Schnee. Auch eine Woche vor Ostern lässt der Frühling noch auf sich warten. 

(Foto: dpa)

Wann wird es endlich Frühling? Der März ist zwar deutlich zu kalt, bricht aber keine Rekorde. Wenn Menschen über das schlechte Wetter jammern, offenbart das eine selektive Wahrnehmung. Denn eigentlich ist alles gar nicht so schlimm.

Von Christopher Schrader

Das wird wohl nichts mehr mit diesem März. So zumindest muss man die vorläufige Bilanz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verstehen, der die Meteorologischen Umstände des aktuellen Monats subsumiert - und das, obwohl der Monat noch ein Drittel seiner Laufzeit vor sich hat.

"Für die kommenden zehn Tage ist keine grundlegende Veränderung in Sicht", sagt Gerhard Lux vom DWD. Das erlaubt eine Hochrechnung: In den ersten drei Wochen war der März im Mittel nicht mal ein Grad Celsius warm - das sind 2,5 Grad weniger, als durchschnittlich im März gemessen werden.

Damit hat der März allerdings keine Jahrhundertrekorde gebrochen. Achtmal in den vergangenen hundert Jahren war der Monat noch kälter. 1987 und 1958 lag die mittlere Temperatur sogar im Minusbereich. Und dass ein März unter dem heute üblicherweise als Vergleich genutzten Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 lag, ist zuletzt 2006 vorgekommen. Damals war es in Deutschland allerdings immer noch ein halbes Grad wärmer als zurzeit.

Wenn Menschen nun also über das schlechte Wetter jammern, gibt es dafür auch wissenschaftlich gesehen Anlass. Das aktuelle Klagen beim Blick aus dem Fenster offenbart aber auch eine gewisse selektive Wahrnehmung: 2012 gab es nämlich einen bombigen März. Der war ganze sechs Grad wärmer als in diesem Jahr. Und auch 2010 und 2011 zeigte sich der Monat phasenweise von seiner warmen Seite.

Sonnenstunden im Kopf

Weiter reicht bei vielen Menschen die Erinnerung offenbar nicht. Die feuchten und kühlen Märze 2007 bis 2009 und der kalte Monat im Jahr 2006 sind längst vergessen. "Menschen haben keine Antenne für Klimatologie", sagt Lux. Nur wer zufällig im März Geburtstag hat, besitze eine Chance, die Häufigkeit von Sonnenschein einigermaßen statistisch zutreffend im Kopf zu behalten.

Alle anderen wird eine gewisse Verwunderung umtreiben. In Zeiten des Klimawandels hatte man sich schon fast daran gewöhnt, dass die Temperaturen routinemäßig über früheren Vergleichszeiträumen liegen. Ein massives Unterschreiten der Statistik lässt zumindest aufmerken. "Die Erwärmung durch den Klimawandel ist durchaus da, aber wegen der Schwankungen von Jahr zu Jahr kaum spürbar", sagt der Meteorologe Lux.

Natürlich können die Wetterforscher erklären, woran es derzeit fehlt. Die sogenannte Nordatlantische Oszillation sei negativ, sagen sie. Darunter verstehen die Meteorologen das Wechselspiel zwischen Islandtief und Azorenhoch. Sind beide Druckgebiete ordentlich ausgeprägt, ist die Oszillation positiv. Dann arbeiten das nördliche Tief und das südliche Hoch wie ineinandergreifende Zahnräder und schaufeln milde, feuchte Luft vom Atlantik nach Mitteleuropa. Sind die beiden Druckgebiete jedoch unentschlossen, versagt die Westströmung. Dann fließt Luft aus Sibirien nach Mitteleuropa. "Die östlichen Bundesländer bekommen die Kälte dann als Erste ab", sagt Lux.

Und so kam es, dass die Bundeshauptstadt mitten im März von Schneemassen bedeckt wurde. Oberhalb einer Linie zwischen Münsterland und Niederbayern sowie am Alpenrand gab es Wetterwarnungen wegen Schnee und Kälte. Heiteres Wetter durften allenfalls Orte im Südwesten erleben.

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