Wetten, dass...:Geschlossener Aufstand

Die Show kam erst mit Rudi Völler auf Hochtouren: Standing Ovations für den zurückgetretenen Nationaltrainer. Er sagte schlicht: "Es ging eben nicht besser." Das muss man ihm erst mal nachmachen.

Von Marcus Jauer

Man kann ja hoffen, dass 20.000 Leute, die an einem Samstagabend und bei einer Regenwahrscheinlichkeit von siebzig Prozent in Rascheljacken auf den nicht nummerierten Sitzen einer Freiluftbühne warten, um eine Show zu sehen, die sie für fünfzig Euro weniger auch Zuhause im Fernsehen hätten haben können, extrem unterhaltungsbereit sind. Aber sicher ist das natürlich nicht.

Wetten, dass...: Hochachtung: Der Gastgeber begrüßt den zurueckgetretenen Fussball-Nationaltrainer Rudi Völler.

Hochachtung: Der Gastgeber begrüßt den zurueckgetretenen Fussball-Nationaltrainer Rudi Völler.

(Foto: Foto: ddp)

Also steht Thomas Gottschalk, lange bevor Wetten, dass...? beginnt, im Rund der Berliner Waldbühne und erwärmt die Leute, während es um sie herum langsam kälter wird. Er spielt mit ihnen, stellt ihnen Fragen, lässt sie antworten, und als Minuten vor der Sendung ein Vater mit seinen Töchtern und einem Beutel voller Verpflegung noch nach einem Platz sucht, sagt er: "Schön, dass Ihr da seid. Wir wollten schon anfangen."

Das sind seine, Gottschalks, Momente, aber da wird er auch nicht wie am Tag zuvor gezwungen, Berliner Journalisten zu erklären, warum es im amerikanischen Fernsehen keine deutschen Moderatoren gibt.

Man hält ihm auch keine Schilder vor, auf denen die Witze stehen, wie später in der Sendung. Und er muss auch nicht kopfschüttelnd den Rocker geben, während neben ihm Mike Krüger ein Liedchen über den Finanzminister singt.

Es dauerte lange, bis die Leute während der Sendung wieder so ausgelassen waren wie davor, als die 11,7 Millionen anderen Menschen noch nicht zuschauten.

Geschlossener Aufstand

Es brauchte erst einen wegen Erfolglosigkeit zurückgetretenen Fußball-Teamchef, bis die Waldbühne geschlossen aufstand und klatschte. Rudi Völler, so sahen es alle auf der Leinwand, drang die Rührung ins Gesicht, während er in der zum Steinbruch dekorierten Bühne stand.

Gottschalk, der angekündigt hatte, Rudi sei vor Fachfragen sicher, erkundigte sich zuerst nach dessen Plänen für eine neue Frisur, bevor er fragte: "Du bewirbst Dich ja mit Harald Schmidt um den besten Rücktritt des Jahres. Glaubst Du, dass DFB-Präsident Mayer-Vorfelder Dir noch den Rang ablaufen kann?"

Völler glaubte das nicht und bat wieder für alle und jeden um Verständnis. Dann liefen nochmal Bilder des Portugal-Ausflugs, bei dem Völler alle Hoffnung auf Überdurchschnittlichkeit mit einem einzigen Schulterzucken erledigt hatte. "Es ging eben nicht besser." Das muss man ihm erst mal nachmachen.

Im Grunde war das dann schon der Moment der Sendung. Zuvor hatte der Komiker Bully Herbig seinen neuen Film beworben und war das Model Nadja Auermann nach einer verlorenen Wette die Stufen der Waldbühne nach oben geeilt, als wolle sie nicht zurückkehren.

Danach erschien Mike Krüger, von dem es hieß, er sei für Bill Clinton eingesprungen. Das hätte man lieber nicht erfahren, bekam man doch das Gefühl, Stefan Raab oder die rumänische Boyband O-Zone seien ebenfalls nur in Vertretung anwesend.

Dass viele Wetten nicht funktionierten, naja. Was soll Gottschalk machen, wenn ein Mann auf Wasserski behauptet, er werde vom Strahl eines hinter ihm fahrenden Feuerwehrbootes über den Wannsee geschoben und kurz darauf treibt er traurig an einem Mikrofon vorbei und sagt, ihm schmerze das Bein.

Dass Gottschalk den Komiker John Cleese zuerst etwas Nettes über den deutschen Humor sagen lässt und ihn dann gleich nötigt, sich das Gesicht bemalen zu lassen? Geschenkt. Er habe keine Autoren für die Witze, sagte Gottschalk, sie kommen alle aus ihm selbst.

Am Ende hat es nicht geregnet und er stand vor dem Steinbruch und winkte in die sich leerende Waldbühne hinein. Es kann auch ein Schulterzucken gewesen sein.

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