Süddeutsche Zeitung

Wendepunkt:Das Ozonloch schrumpft

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Es gibt erste Hinweise darauf, dass sich die Gashülle der Erde tatsächlich erholt und das Ozonloch kleiner wird.

(SZ vom 1.8.2003) - Wer die Welt retten will, braucht einen langen Atem. Vor 29 Jahren entdeckten zwei amerikanische Forscher, dass einige Kühl- und Treibmittel die schützende Ozonschicht der Erd-Atmosphäre zerstören. Erst 13 Jahre später konnte sich die internationale Gemeinschaft in der kanadischen Stadt Montreal darauf einigen, die üblen Mittel auf lange Sicht zu verbieten.

Die gute Nachricht, dass sich die Gashülle der Erde tatsächlich erholt, stammt von Michael Newchurch von der University of Alabama in Huntsville. Der Wissenschaftler hat Messdaten ausgewertet, die drei Satelliten und drei Bodenstationen in den vergangenen 20 Jahren gesammelt hatten.

Demnach zerstören die in Montreal geächteten Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) in der oberen Stratosphäre heute nur noch halb so viel Ozon wie in den 80-er Jahren. Newchurch nennt die Messungen einen "wichtigen Wendepunkt". Und Johannes Lelieveld, Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz, sagt: "Damit haben wir endlich den ersten Beweis, dass das Verbot tatsächlich so gegriffen hat, wie erhofft." Denn auch die zerstörerischen Chlor-Verbindungen, welche die FCKW in der Atmosphäre freisetzen, gehen zurück.

Damit wirkt das Verbot der Kühlmittel schneller als erwartet: Immer wieder haben Experten die hohe Lebensdauer der Verbindungen in der Atmosphäre betont, die 50 bis 100 Jahre beträgt. Trotzdem dürfen sich die Umweltpolitiker nicht zurücklehnen. Noch immer wird die Ozonschicht in der oberen Stratosphäre, in 35 bis 40Kilometern Höhe, jährlich um bis zu 0,5 Prozent dünner. Nach Schätzungen der Atmosphären-Chemiker wird sich dieser Abbau weiter fortsetzen, allerdings mit sinkender Geschwindigkeit. "Bis aus dem Minus- ein Pluszeichen wird und die Ozonschicht sich wieder aufbaut, dürften noch mindestens zehn Jahre vergehen," sagt Wolfgang Seiler, Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch.

Träge Gashülle

Zudem bleibt der Erfolg der Montreal-Konvention zurzeit eher symbolisch, weil er die Gefahr für den Menschen längst nicht bannt. Gefährlich ist das Ozonloch deshalb, weil mehr Ultraviolett-Strahlung (UV) der Sonne zur Erde durchdringt und hier Sonnenbrand und Hautkrebs verursacht. Dort, wo 80 Prozent des UV-Lichts absorbiert werden, nämlich in 20 bis 35 Kilometern Höhe, zeigt das FCKW-Verbot aber noch keine Wirkung, weil die Gashülle träger reagiert.

Damit sich die Ozonschicht weiter erholt, muss die Menschheit nun die globale Erwärmung durch Treibhausgase wie Kohlendioxid bremsen, betonen Klimaforscher. Sie haben festgestellt, dass ein Temperaturanstieg der Luftschicht bis zehn Kilometer Höhe mit einer Abkühlung der Stratosphäre einhergeht. Diese Kälte schadet wiederum dem Ozon: Es bilden sich Eiswolken, diese aktivieren das Chlor im FCKW, das erst dadurch seine zerstörerische Wirkung entfalten kann.

Dennoch macht die Nachricht aus Alabama dem Max-Planck-Forscher Lelieveld Mut: "Es zeigt sich, dass die Menschheit in der Lage ist, auf ihre Probleme zu reagieren. Jetzt müssen wir uns um das Klima kümmern."

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