Wende im Fall Strauss-Kahn:Riesenblamage für die New Yorker Staatsanwaltschaft

Die Anklage gegen den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn ist zusammengebrochen, sein Freispruch nur noch eine Frage der Zeit. Eine Politikerkarriere wurde grundlos fast zerstört - eine fatale Bilanz. Dennoch sollte man aus dem Fall keine falschen Schlüsse ziehen.

Nikolaus Piper, New York

Es ist zunächst einmal eines: eine Riesenblamage für die New Yorker Staatsanwaltschaft. Die Strafverfolger hatten mit großem Tamtam IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn festnehmen lassen, weil er angeblich in einem Luxushotel ein Zimmermädchen zum Oralsex gezwungen haben soll. Strauss-Kahn, aussichtsreicher Bewerber für das Amt des französischen Staatspräsidenten, wurde mit allen Feinheiten traktiert, die das US-Justizsystem zu bieten hat: Vorführung in Handschellen, Untersuchungshaft auf der Gefängnisinsel Rikers Island.

Dominique Strauss-Kahn

Kann nun auf einen Freispruch hoffen: Dominique Strauss-Kahn.

(Foto: AP)

Nun stellt sich heraus, dass die Belastungszeugin - das angeblich attackierte Zimmermädchen -, die Staatsanwälte angelogen hat und über Verbindungen ins kriminelle Milieu verfügt. Damit taugt sie als Zeugin nicht mehr. Die Anklage ist zusammengebrochen, Strauss-Kahns Freispruch nur noch eine Frage der Zeit. Eine Politikerkarriere wurde so grundlos fast zerstört - eine fatale Bilanz.

Man sollte aus dem Fall allerdings auch keine falschen Schlüsse ziehen. Auch künftig müssen die Behörden jedem Verdacht auf Vergewaltigung und andere Formen der sexuellen Gewalt entschlossen nachgehen. Dabei wird es immer eine Zeit dauern, bis die Wahrheit gefunden ist, wenn dies denn überhaupt gelingt. Es gibt in Vergewaltigungsprozessen immer zwei Versionen der Geschichte, die des Mannes und die der Frau.

Nicht immer zeigt sich so schnell wie im Fall Strauss-Kahn, wer ein Glaubwürdigkeitsproblem hat. Daher geht es nicht ohne Unsicherheit, unbewiesene Verdächtigungen und Verdachtsberichterstattung. Es sei denn, man kehrte zu den alten schlimmen Zeiten zurück, in denen man bei Sexualattacken im Zweifel immer dem Mann glaubte.

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