Weihnachtspredigten:Geistliche mit weltlichen Forderungen

Weihnachtspredigt Robert Zollitsch

Robert Zollitsch, schwenkt vor seiner Weihnachtspredigt im Münster in Freiburg den Weihrauchkessel.

(Foto: dpa)

Solidarität mit Flüchtlingen, Stopp der Waffenexporte, Regulierung der Finanzmärkte: In ihren Weihnachtspredigten haben Kirchenvertreter in Deutschland etliche soziale Debatten aufgegriffen. Eine Übersicht.

Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm: Regulierung der Finanzmärkte

In seiner Weihnachtspredigt rief Strohm am ersten Weihnachtstag in der Münchner St. Matthäus-Kirche zu mehr Verantwortungsbewusstsein auf. Vor allem im Bankenwesen sei ein nachhaltiger Kulturwandel notwendig. Das sei allerdings erst dann glaubwürdig, "wenn ethische Verantwortung nicht nur aus Imagegründen in den Katalog der Geschäftsziele aufgenommen wird, sondern wirklich in der Unternehmenskultur verankert wird, von den Verantwortungsträgern aus Überzeugung gelebt wird und in das wirtschaftliche Handeln einfließt", sagte Bedford-Strohm.

Landesbischof der Nordkirche, Gerhard Ulrich: Stopp der Waffenexporte

In seiner Weihnachtspredigt im Lübecker Dom forderte Ulrich einen Stopp der Waffenexporte aus Deutschland. Ist der Verkauf einer Waffe an vermeintlich sichere Bündnispartner oder sogenannte strategische Partner einmal vollzogen, ende die Kontrolle darüber, sagte Ulrich am Mittwoch laut vorab verbreitetem Manuskript. Von diesem Moment an sei unklar, ob die Waffe tatsächlich dem Frieden dient oder nicht. "Ein Dilemma, das beendet werden muss durch einen Stopp der Waffenexporte", sagte Ulrich.

Mainzer Kardinal Karl Lehmann: Geben und Verzeihen

Die Größe Gottes zeige sich auch im Verzeihen - dies offenbare sich an Weihnachten, sagte Kardinal Lehmann am ersten Weihnachtstag im Mainzer Dom nach einer Mitteilung des Bistums. Er sagte zugleich, der von Gott empfangene Reichtum solle weiterverschenkt werden. In seiner Predigt ging er indirekt auf den umstrittenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ein. "Der Unmut und die Enttäuschung über Ereignisse in der Kirche, besonders auch in unserem Nachbarbistum Limburg, darf nicht dazu führen, dass wir die Hilfe für die Armen in Afrika, Asien und Lateinamerika aufkündigen", sagte Lehmann.

Limburgs Weihbischof Thomas Löhr: Solidarität mit Flüchtlingen

"Die weihnachtliche Botschaft von Rettung und Frieden ist uns nicht einfach zu unserem eigenen Wohlbefinden geschenkt", sagte Löhr im Limburger Dom. Er sehe das Leid der Flüchtlinge mit Sorge: "Wenn sie auch weit weg von uns auf einer fernen Insel ankommen, sind es doch unsere Türen, an die geklopft wird, und unsere Herzen, an die sie appellieren." Die Botschaft sei ein Geschenk für die ganze Menschheit.

Limburg feiert diesmal Weihnachten ohne seinen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der beurlaubt ist und sich in einer Benediktinerabtei in Niederbayern aufhält. Das Bistum ist in einer tiefen Krise, seitdem im Oktober die auf mehr als 30 Millionen Euro explodierten Baukosten für den neuen Bischofssitz bekannt wurden. Außerdem gibt es heftige Kritik an der Amtsführung des Bischofs.

Bayreuths evangelische Regionalbischöfin Dorothea Greiner: Menschlichere Asylgesetzgebung

Auch Greiner ging in ihrer Predigt auf die Situation der Flüchtlinge ein. Gesetzlich sei gegen eine Abschiebung von Asylbewerbern oft nichts einzuwenden, aber im Einzelfall werde dabei etwa auf ein traumatisiertes Kind keine Rücksicht genommen, sagte die Regionalbischöfin am ersten Weihnachtstag in der Bayreuther Spitalkirche. "Wenn wenigstens bei den bestehenden Gesetzen die Spielräume der Liebe ausgelotet würden, wäre schon viel gewonnen."

Berlins Erzbischof Rainer Maria Woelki: Änderung des Flüchtlingsrecht

Woelki plädierte ebenfalls für eine Änderung des Flüchtlingsrechts. Das sei nötig, um das biblische Gebot, Fremde willkommen zu heißen zu befolgen, sagte er in einem ZDF-Fernsehgottesdienst in der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale. Kirchliche Solidaritätsaktionen wie etwa die Bereitstellung von Unterkünften für Flüchtlinge könnten zwar kurzfristig helfen, sagte Woelki. Damit sei jedoch noch keines der grundlegenden Probleme gelöst. Auch rechtsextreme Propaganda gegen Flüchtlinge müsse bekämpft werden.

Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode: Hilfe für Flüchtlinge

Bode rief im Osnabrücker Dom dazu auf, Flüchtlingen Raum und Hilfe zur Verfügung zu stellen. Gerade Christen hätten den Auftrag, ihre Stimme zu erheben und sich einzumischen gegen Unrecht und Menschenverachtung.

Badens Landesbischof Ulrich Fischer: Weihnachten ist das Fest der Menschenliebe

Als Fest der Menschenliebe Gottes bezeichnete Fischer das Weihnachtsfest. An Weihnachten zeige Gott seine menschenfreundliche Seite, sagte er am Mittwoch bei einem Kantatengottesdienst in Karlsruhe. Dies sei eine Mut machende Botschaft vor allem für Menschen, die unter der Kälte und Unfreundlichkeit menschlicher Beziehungen litten.

Weg vom Egotrip und Jesus im Alltag

Münsters Bischof Felix Genn: Weg vom Egotrip

Genn beschäftigte sich ebenfalls mit der Liebe. Er rief dazu auf, die Welt aus der Logik der Liebe zu betrachten. "Wer dies tue, verlässt den Ego-Trip. Und wenn das geschieht, wird weder die Schöpfung ausgebeutet, noch der Andere als Mittel zu den eigenen Zwecken benutzt, noch gelte dann die Überzeugung, der Krieg sei der Vater aller Dinge", sagte Genn am ersten Feiertag in seiner Weihnachtspredigt im St.-Paulus-Dom.

Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke: Mehr Solidarität mit Menschen in Not

Hanke sagte am ersten Weihnachtstag im Eichstätter Dom: "Für Christen besteht Weihnachten nicht primär im Gesang schöner Lieder oder dem Austausch von Geschenken, sondern im Hinsehen auf die Not der Menschen, etwa von Flüchtlingen oder Asylbewerbern." Der christliche Glaube sei seinem Kern nach ein Einspruch "gegen die Unkultur des Wegschauens." Obwohl die Menschen durch die mediale Vernetzung noch nie so viel übereinander gewusst hätten wie heute, bestehe die Gefahr, in größter Distanz, in Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit und Entsolidarisierung zu leben.

Fuldas Bischof Heinz Josef Algermissen: Würde des Menschen bedroht

Auf den Umgang mit Leben und Tod ging Algermissen in seiner Predigt ein: "Mir machen der Pragmatismus und Populismus große Sorge, mit dem in unserer Gesellschaft, in Medien, Wissenschaft und Politik insbesondere das menschliche Leben an seinem Anfang wie an seinem Ende infrage und zur Disposition gestellt wird." Angesichts der Tendenz zum Selektieren und Vernichten von embryonalem menschlichem Leben könne die Kirche nicht anders, als das ihr anvertraute "Evangelium des Lebens", zu verkünden, sagte er.

Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch: Wahrung der Menschenrechte

Zollitsch griff in seiner Weihnachtspredigt auf die Abtreibungsdebatte auf: "Wer die Menschenrechte achtet und voller Ehrfurcht dem Leben dient, erfährt die Freude, die das Weihnachtsfest ausstrahlt", sagte er am ersten Feiertag in seiner Weihnachtspredigt in Freiburg laut Redetext. Zollitsch bezog sich auf eine Diskussion im Europaparlament, in der die Abtreibung eines Kindes aus dem Leib der Mutter als Menschenrecht eingefordert wurde. "Dieser Antrag wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Weihnachten sagt uns, dass wir als Christen nicht zusehen können, wenn das Recht auf Leben in sein Gegenteil verkehrt wird!" Er verwies in diesem Zusammenhang auf ein Zitat von Papst Franziskus: "Es ist nicht fortschrittlich, sich einzubilden, die Probleme zu lösen, indem man ein menschliches Leben vernichtet."

Triers Bischof Stephan Ackermann: Jesus in den Alltag

"Betreten wir nicht nur ehrfürchtig heilige Kirchenräume, sondern heiligen wir unsere persönlichen Räume, indem wir Jesus und seiner Botschaft bei uns Raum geben: in unserem Denken und Handeln", sagte Ackermann nach Bistumsangaben in seiner Predigt am ersten Weihnachtstag. Bei einer Reise nach Afghanistan habe er kürzlich in der deutschen Botschaft in Kabul bei einem Gottesdienst erfahren, wie ein weltlicher Raum geheiligt werde. Gerade in Kabul sei es wichtig, nicht die Hoffnung zu verlieren, sagte er.

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