Süddeutsche Zeitung

Ein Anruf bei ...:... dem Bürgermeister seiner Frau, nach der ein Stadion heißt

Die Sportfreunde Wanne-Eickel spielen künftig im "Livia-Leichner-Stadion". Es ist das erste deutsche Fußballstadion, das den Namen einer Frau trägt.

Interview von Julian Erbersdobler

Was schenkt man seiner Frau zum 60. Geburtstag? Gar nicht so einfach. Der Bürgermeister von Herne im Ruhrpott, Erich Leichner, hatte eine besondere Idee: Seit Donnerstag trägt die beschauliche Spielstätte der Sportfreunde Wanne-Eickel nun ein Jahr lang den Namen "Dem Bürgermeister seine Frau ihr Stadion". Offiziell heißt es "Livia-Leichner-Stadion". Nach einem Jahr muss sich ein anderer Sponsor finden.

SZ: Frau Leichner, was war Ihr erster Gedanke, als Ihr Mann Ihnen von dem, nun ja, besonderen Geschenk erzählt hat?

Livia Leichner: Ganz ehrlich, im ersten Moment dachte ich: Ach du Scheiße, wie man hier in der Gegend sagt.

Wieso?

Ich bin in Wanne-Eickel geboren und fühle mich sehr zugehörig. Aber dass jetzt ein Jahr lang mein Name dick und fett auf dem Schild vor dem Stadion steht, ist schon eine andere Hausnummer.

Am Donnerstag wurden die beiden Stadionschilder offiziell enthüllt.

Das war ein super Tag. Es gab Backfisch und Bier. Und es war eine tolle Mischung an Gästen da, auch unsere F-Junioren.

Der Untertitel "Dem Bürgermeister seine Frau ihr Stadion" sorgt auf jeden Fall für Öffentlichkeit.

Das soll er auch. Er geht auf einen Spruch von Johannes Rau zurück, dem ehemaligen Bundespräsidenten. Der soll auf die Frage, ob Fußballstadien nicht auch einmal nach Frauen benannt werden sollten, gesagt haben: "Und wie sollen wir das denn nennen? Dem Ernst Kuzorra seine Frau ihr Stadion?"

Puh ... Ich finde den Spruch völlig daneben, aber er passt auch irgendwie zu Wanne-Eickel. Die Menschen hier nehmen das mit der Grammatik nicht so eng und können über sich selbst lachen.

Hatten Sie Angst, dass es wegen der Anspielung im Stadiontitel Ärger gibt?

Ja, das hatte ich. Deswegen haben wir den Vorschlag auch erst mal ein paar Freunden gezeigt, um zu fragen, ob man das machen kann. Hatte aber keiner was dagegen.

Die Sache mit der Umbenennung hat ja auch einen ernsten Hintergrund.

Ich finde es traurig, dass es in Deutschland kein Fußballstadion gibt, das den Namen einer Frau trägt. Warum gibt es kein Steffi-Jones-Stadion? Oder ein Nia-Künzer-Stadion? Auch wenn die Frauen bei der letzten Weltmeisterschaft nicht so gut waren - wir haben so tolle Fußballerinnen in Deutschland, die das wirklich verdient hätten.

Ist es in anderen Sportarten besser?

Es gibt nur eine Leichtathletikanlage im nordrhein-westfälischen Wesseling, die nach der legendären deutschen Hochspringerin Ulrike Nasse-Meyfarth benannt wurde.

Wie kam es eigentlich zu dem Geschenk? Sie haben ja erst im Februar Geburtstag, haben es aber jetzt schon bekommen. Es gibt schon länger Überlegungen, den Stadionnamen zu vermarkten. Aber bis zum 1. August hat sich kein Sponsor gefunden. Gute Jugendarbeit kostet Geld.

Dann nahm Ihr Mann die Sache in die Hand und zahlte einen vierstelligen Betrag.

Genau, irgendwann kam er zu mir und sagte, dass er mir den Stadiontitel doch eigentlich zum Geburtstag schenken könnte. Am Anfang war ich schon etwas hin- und hergerissen. Erst dachte ich: Fällt meinem Mann nichts Besseres zu meinem 60. Geburtstag ein? Aber jetzt finde ich es super, dass wir durch die Aktion den Verein unterstützen können. Gerade das Jugendprojekt liegt mir sehr am Herzen.

Welches denn?

2014 haben die Sportfreunde ein Programm ins Leben gerufen, das den Jugendspielern den Übergang von der Schule in den Beruf erleichtern soll.

Sind Sie selbst eigentlich auch Fan der Sportfreunde Wanne-Eickel?

Natürlich! Sonst hätten wir das mit dem Namen nicht gemacht. Aber noch mehr schlägt unser Herz für Wattenscheid 09.

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Quelle:
SZ vom 03.08.2019
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