Tech-Branche:Wie angelt man sich einen Milliardär?

Lesezeit: 4 Min.

Heute gelten Start-up-Unternehmer wie Ricky Van Veen als die begehrtesten Partner. Der Gründer einer Comedy-Webseite ist mit der Schauspielerin Allison Williams verheiratet. (Foto: Andrew Harnik/AP)

Die gefragtesten Singles in den USA sind mittlerweile nicht mehr Profisportler oder Rockstars, sondern die reichen Gründer von Start-up-Firmen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Können wir uns, zu Beginn dieser Geschichte, bitte schön darauf einigen, dass sämtliche Männer und auch einige Frauen selbst heute noch kräftig in den Haken beißen und nie wieder loslassen würden, wenn Marilyn Monroe die Angel hielte? Das ist wichtig, denn es wird nun um Männer und Frauen gehen, wie und warum sie zueinanderfinden oder sich gegenseitig aus dem Singlebecken fischen.

Damals, 1953, in dem Film "Wie angelt man sich einen Millionär?", da brauchte die von Monroe verkörperte Figur mit dem herrlichen Namen Pola Debevoise als Köder lediglich Attraktivität und Anmut - Millionäre waren damals ältere Gentlemen, die Ölfelder oder Aktien besaßen und nicht einmal dann die Contenance verloren, wenn das Mädchen sich am Ende doch für die Liebe und gegen das Geld entschied.

Tech-Wives und Tech-Boyfriends

Damals ist vorbei, in Klatschzeitungen und auf Promiportalen werden regelmäßig die prächtigsten Fische im Teich ausgestellt. Das waren lange Zeit Rockstars, Schauspieler und Profisportler, die allerdings auch als gefährlich und giftig galten, weil die Exemplare dieser Spezies dann doch häufiger mal die Contenance verlieren. Seit ein paar Jahren nun gibt es einen neuen Fisch im Teich, der auch eine völlig neue Sorte Anglerin anlockt. Die gefragtesten Singles derzeit, das sind die Gründer von Start-up-Unternehmen.

Snapchat-Gründer Evan Spiegel etwa ist mit dem ehemaligen Victoria's-Secret-Model Miranda Kerr verlobt, Uber-Chef Travis Kalanick ist mit der Violinistin Gabi Holzwarth verbandelt, die Schauspielerin Amber Heard trifft sich regelmäßig mit Tesla-Visionär Elon Musk. Emma Watson nimmt sich für den Tech-Manager Mack Knight eine einjährige Auszeit von der Schauspielerei, und ihre Kollegin Allison Williams ist mit College-Humor-Gründer Ricky Van Veen verheiratet. Twags nennen sie diese Frauen in den Vereinigten Staaten, Tech Wives and Girlfriends. Der Baseballspieler Alex Rodriguez hingegen ist ein Tech-Boyfriend - er ist mit Anne Wojcicki zusammen, deren Genetik-Start-up 23andMe mehr als eine Milliarde Dollar wert ist.

Würde jemand ein Remake des Monroe-Klassikers drehen, der Titel müsste lauten: Wie angelt man sich eine Tech-Milliardärin oder einen Tech-Milliardär?

"Das hat noch nicht einmal etwas damit zu tun, dass sie reich sind", sagt Lisa Clampitt. Sie hat in New York das Matchmaking Institute gegründet, sich mit ihrem Unternehmen Club VIP Life auf die Zusammenführung wohlhabender Singles spezialisiert und war eine Beraterin bei der Will-Smith-Liebeskomödie "Hitch": "Sie sind faszinierende Persönlichkeiten, bekannt dafür, außerhalb der vorgegebenen Grenzen zu denken und eine völlig neue Sichtweise auf das Leben zu bieten. Das macht sie interessant, vor allem für Künstlerinnen und Künstler, die nicht schon wieder mit einem Kollegen ausgehen möchten. Zu Stars werden die Gründer, weil ihre Produkte und Firmen als cool gelten." Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil: Start-up-Gründer sind keine älteren Gentlemen mit Wohlstandsbäuchlein, sondern meist junge und gesundheitsbewusste Hüpfer: "Es ist der Lifestyle, der so faszinierend ist." Der Reichtum schadet sicher auch nicht.

Roy Lugasi ist 25 Jahre alt, vom Aussehen her könnte er auch einer Boyband angehören, mit seinem Freund Hod Gerlitz (Typ Diskuswerfer) hat er gerade die Dating-App Weepo gegründet. Die verrät einem das Mann-Frau-Verhältnis in einer Bar oder Disco und zeigt die Profile jener Nutzer an, die ebenfalls einen Besuch angekündigt haben. "Man muss nicht mehr tagelang hin- und herschreiben, sondern kann sich sofort auf einen Drink verabreden", sagt er: "Dazu spart der Nutzer die teils horrenden Preise für Eintritt und Cocktails, wenn er sieht, dass im Laden nicht viel geboten ist."

Lugasi ist so ein Tech-Single und behauptet von sich, ein bisschen berühmt und damit ein begehrter Fisch im Teich zu sein: "Das ist ein unglaubliches Gefühl. Tech ist cool - und die Leute wollen bei coolen Sachen dabei sein. Ich treffe jeden Abend ein neues Mädchen, das ist ziemlich einfach." Natürlich: Coolness alleine nicht reicht - es sei schon hilfreich, Chef einer Firma zu sein, die die Menschen kennen.

So wie viele Jungs früher damit balzten, dass sie Gitarre spielten oder bald Fußballprofi sein würden, so versetzen sie mögliche Partner heute in Verzückung, wenn sie ihr Start-up präsentieren. Dann kommen die Angelhaken in den Teich geflogen.

Was sich noch verändert hat: Attraktivität und Anmut genügen längst nicht mehr als Köder. Das klappt vielleicht noch bei Oracle-Gründer Larry Ellison, der vier Mal verheiratet war und nun das knapp 50 Jahre jüngere ukrainische Model Nikita Kahn als neue Freundin präsentiert. "In einer Zeit, in der aufgrund von Dating-Apps wie Tinder die nächste Bekanntschaft nur einen Wischer entfernt ist, gehen diese extrem intelligenten Menschen bei der Partnerwahl strategisch vor", sagt Clampitt: "Wie oft im Leben funkt es - und wie oft stellt sich heraus, dass es doch nicht klappt? Funken allein reicht nicht." Sie sagt das nicht resigniert, sondern eher so, als wären all jene, die ihren Partner tatsächlich anhand der Schmetterlinge im Bauch auswählen, törichte Romantiker.

So wie die Tech-Genies mit effizienter Datenanalyse, so gehen sie auch bei ihrem Liebesleben vor: Sie suchen nüchtern nach jemandem, der zu ihrem Lebensentwurf passt. An diesem Punkt kämen Matchmaker wie Clampitt ins Spiel, derzeit vermittelt sie einen 30 Jahren alten Unternehmer, der seine Firma gerade für mehr als 20 Millionen Dollar verkauft hat: "Die meisten suchen nicht nach einer Gespielin, sie wollen das ganze Paket - und sie wissen, dass sie das auch bekommen können."

Also dann, wie angelt man sich denn heutzutage einen Milliardär?

"Ich würde häufiger ins Starbucks auf der Ninth Avenue in New York gehen", sagt Clampitt: "Das ist direkt neben dem Google-Büro, die Jungs brauchen viel Kaffee, wenn sie die ganze Nacht programmiert haben." Ebenfalls ein ertragreicher Ort: Bars auf der Abbot Kinney Road in Venice Beach, dort treffen sich die Silicon-Beach-Unternehmer von Los Angeles. Wer einen Tech-Milliardär oder eine Tech-Milliardärin angeln möchte, der sollte ihm/ihr nach dem Kennenlernen beweisen, über das komplette Paket zu verfügen: Bildung, ein philanthropisches Projekt, bestenfalls ein paar eigene Millionen.

Marilyn Monroe freilich müsste immer noch einfach nur ihre Angel ins Wasser halten - aber das haben wir ja schon zu Beginn geklärt.

© SZ vom 17.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Start-up-Gründer
:Dieser Mann will den Hunger in der Welt stillen - und blamiert sich

Rob Rhinehart wollte ein Jahr lang in einem Container leben und sich von Astronautenkost ernähren. Eingezogen ist er nie - dafür aber fast im Gefängnis gelandet.

Von Jürgen Schmieder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: