Japan:"Der Anfang vom Ende des Walfangs"

Streit um internationales Walfangverbot

Japanische Walfänger töteten in den vergangenen 33 Jahren gut 23 000 Wale.

(Foto: Kate Davison/dpa)
  • Vom 1. Juli an ist Japan nicht mehr Mitglied der Internationalen Walfangkommission (IWC).
  • Aus dem Hafen der Stadt Kushiro werden daher fünf Walfangkutter auslaufen - die erste japanische Fangflotte seit 31 Jahren, die zum kommerziellen Walfang aufbricht.
  • Trotzdem sagt der Direktor des Meeresschutz-Programms der Tierschutzorganisation IFAW, die Walfang-Industrie werde "sehr bald untergehen".

Von Christoph Neidhart, Tokio

Walschützer in aller Welt reagieren empört: Im Hafen der Stadt Kushiro werden an diesem Montag fünf Walfangkutter auslaufen. Die erste japanische Fangflotte seit 31 Jahren, die zum kommerziellen Walfang aufbricht. Die Umweltorganisation "Sea Shepherd" hat bereits mit Störmanövern gedroht. Doch es gibt auch die andere Sicht. Diejenigen, die sagen, dass genau damit das endgültige Aus des Walfangs in Japan eingeläutet wurde. Patrick Ramage zum Beispiel, Direktor des Meeresschutz-Programms der Tierschutzorganisation International Fund for Animal Welfare, IFAW, lobt Japan. Das sei ein großer Schritt zum Schutz der Wale, meint er. "Der Anfang vom Ende des Walfangs."

Vom 1. Juli an ist Japan nicht mehr Mitglied der Internationalen Walfangkommission (IWC). Damit ist es auch nicht mehr an dessen Walfangmoratorium gebunden, nur an den UN-Meeresschutz. Tokio erklärte seinen Austritt, nachdem es beim letzten IWC-Kongress in Brasilien mit seinem Vorstoß gescheitert war, die Zulassung eines limitierten kommerziellen Walfangs durchzusetzen. Die Minkwale seien keine bedrohte Tierart mehr, so lautete Tokios Argument. Auch sei der IWC im Jahr 1946 nicht als Walschutz-Organisation gegründet worden, sondern nur für eine nachhaltige und gerechte Verwaltung der Ressource Wal. Ein Art internationaler Jagdaufseher also. "Tatsächlich hat sich die IWC zusehends vom Ressource-Club in eine Umweltschutzorganisation verwandelt", meint Patrick Ramage.

Im Jahr 1986 hatte die IWC jeden kommerziellen Walfang mit einem Moratorium gestoppt, das zunächst für fünf Jahre galt. Es wurde seither stets verlängert. Trotz dieses Verbots hatte Japan weiter Wale gejagt, von Dezember bis März vor der Küste der Antarktis, im Juni und Juli im Nordpazifik. Dazu nutzte es ein Schlupfloch im Moratoriumstext, das das Töten von Walen für die Wissenschaft zulässt.

Für seine angebliche Forschung, die der Internationale Gerichtshof in einem Urteil im Jahr 2014 als Deckmantel entlarvte, hat Japan in den vergangenen 33 Jahren etwa 23 000 Wale erlegt. Und ihr Fleisch - nach einer angeblich wissenschaftlichen Auswertung - zum Verkauf freigegeben. Noch im Juni erlegten jene japanischen Walfänger, die nun zum kommerziellen Walfang auslaufen, vor der Küste von Hokkaido 47 Minkwale (Zwergwale, auch Minkewale) "für die Forschung". Technisch gibt es zwischen dem "Forschungs-" und dem kommerziellen Walfang übrigens keinen Unterschied.

Wichtiger als der wiederaufgenommene kommerzielle Walfang: Tokio hat zugleich bekannt gegeben, es werde den Fang im Süd- und Nordpazifik beenden und nur noch vor den eigenen Küsten jagen. Auch das Argument, man betreibe Jagd für die Wissenschaft, wird nicht mehr bemüht. "Das Ende der Jagd im Süd- und Nordpazifik ist ein großer Fortschritt für die Wale", erklärt Tierschützer Ramage nun. "Und für Japan. Zudem ist das eine sauberere Lösung." Denn Tokios IWC-Austritt sei nichts anderes als ein geschickter Schachzug: Es sei schlicht undenkbar gewesen, dass Japan den Tierschützern nachgeben würde.

Wirtschaftlich wesentlich erfolgreicher ist Whale-Watching

Zugleich hätte die IWC den kommerziellen Walfang auch nicht wieder zugelassen. Mit dem Austritt sei es der Regierung von Premier Shinzo Abe nun gelungen, "ihr Gesicht zu wahren". Nicht unwichtig, in diesen Breitengraden. Zudem können sich die Japaner mit ihrem Rückzug Zuschüsse von etwa 40 Millionen Dollar sparen. Geld, mit dem ein Lebensmittel subventioniert wurde, das die Mehrheit der Japaner gar nicht mehr haben will.

Denn während Hideki Moronuki, Wal-Beauftragter des japanischen Fischereiministeriums, noch behauptet, die kommerzielle Fangflotte könne sich ohne Subventionen über Wasser halten, haben andere berechtigte Zweifel. Walfleisch wird hier meist nur noch von älteren Männern gegessen. Der heutige Japaner sei "Anti-Anti-Walfang" und wolle nicht vorgeschrieben bekommen, was er zu essen habe, meint Patrick Ramage. Die Walfang-Industrie werde "sehr bald untergehen".

Wirtschaftlich wesentlich erfolgreicher hingegen ist dieser Tage Whale-Watching. Bereits 115 japanische Unternehmen entlang der Küste bieten Walsafaris für Touristen und Einheimische an. Mit Erfolg. Es geht allen eben viel besser, wenn die Wale gesehen werden - nicht gejagt.

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