Südeuropa:"Man hat uns brennen lassen"

Waldbrände in Griechenland

Niedergebrannte Kirche in einem Dorf auf der Insel Euböa nördlich von Athen. Die Brände in Griechenland sind weiterhin außer Kontrolle

(Foto: dpa)

Griechenland, Italien, Türkei: Seit Tagen wüten in der Mittelmeerregion Waldbrände. Die Bewohner der Halbinsel Euböa bemängeln zu langsame Hilfe, doch die Behörden wehren die Kritik ab: Man habe keine Wahl gehabt.

Erstmals seit Beginn der Waldbrände auf der griechischen Insel Euböa Anfang der Woche sind dort am Sonntag massive Lufteinsätze gegen die Flammen geflogen worden. Doch gerade bahnen sich die Brände noch unkontrolliert ihren Weg. Den sechsten Tag in Folge fraßen sich die Flammen im Norden der zweitgrößten Insel des Landes rasch durch teils unberührte Wälder. So stehen im nördlichen Teil der Insel viele Quadratkilometer Wald in Flammen, von Samstag auf Sonntag kämpften die Bewohner gegen bis zu sieben Kilometer lange Feuerwände.

Auf Euböa sind nach Behördenangaben rund 600 Feuerwehrleute im Einsatz. Seit Dienstag hat die Küstenwache mehr als 2000 Menschen mit Schiffen von der Insel geholt und in Sicherheit gebracht, darunter sind viele Ältere. Der Gouverneur von Zentralgriechenland, Fanis Spanos, sagte dem Sender Skai TV, die Lage auf Euböa sei seit fast einer Woche sehr schwierig. Die Feuerfronten seien riesig, die Fläche des verbrannten Landes gewaltig. Weil viele Häuser zerstört oder durch Feuer gefährdet seien, hätten mehr als 2500 Menschen in Hotels und andere Unterkünfte gebracht werden müssen.

Doch die Verbitterung bei den Menschen ist groß, weil die Löscharbeiten aus der Luft sich in den vergangenen Tagen auf den Norden Athens konzentriert hatten. "Man hat uns brennen lassen", sagte ein Mann Skai. "Ich bin wütend. Ich habe mein Zuhause verloren - morgen wird nichts mehr sein wie zuvor", sagte eine Anwohnerin, als sie in Psaropouli auf Euböa eine Fähre bestieg, die sie in Sicherheit bringen sollte. "Es ist eine Katastrophe. Sie ist gewaltig. Unsere Dörfer sind zerstört. Von unseren Häusern, unserem Besitz ist nichts mehr übrig - nichts, nichts."

Man habe keine andere Wahl gehabt, heißt es hingegen bei den Rettungskräften. "Wir konnten nicht überall sein. Man muss sich nur vorstellen, die Flammen im Norden Athens hätten sich auf dicht besiedeltes Gebiet ausgeweitet", wurde ein Feuerwehrmann zitiert. Auch der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis hatte in den vergangenen Tagen immer wieder betont, Menschenleben hätten Priorität vor Besitz und Wald.

Mehrere Länder, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien, die Schweiz und Ägypten haben Feuerwehrleute und Ausrüstung nach Griechenland geschickt - auch dringend benötigte Löschflugzeuge.

Mehrere Feuer in Türkei nicht unter Kontrolle

Auch die Türkei kämpft den zwölften Tag in Folge gegen die schwersten Waldbrände seit mehr als zehn Jahren. Mindestens sechs Brände waren am Sonntag nach offiziellen Angaben noch nicht unter Kontrolle. Die Einsatzkräfte konzentrierten sich vor allem auf die westtürkische Provinz Mugla. Dort erschwerten Winde die Löscharbeiten. Ein schon unter Kontrolle geglaubtes Feuer in der Provinz Aydin wurde durch den Wind wieder entfacht, wie der Sender NTV berichtete.

Im südtürkischen Antalya hat sich die Lage unterdessen entspannt. Einsatzkräfte wurden nach Angaben lokaler Behörden dort abgezogen und zur Verstärkung in die Westtürkei geschickt. Landesweit sollen Experten zufolge bisher weit über 100 000 Hektar Land zerstört worden sein - eine Fläche etwa doppelt so groß wie der Bodensee.

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