Waldbrände:Anklage nach Jahrhundertfeuer

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Wegen der Waldbrände in Griechenland 2018 nahe Athen müssen sich nun 20 Menschen wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Darunter sind zwei Bürgermeister und die Gouverneurin.

Von Christiane Schlötzer, Athen

Gezeichnet vom Großbrand: ein Strand bei Rafina, östlich von Athen, wenige Tage nach dem Feuer im August 2018. (Foto: Thanassis Stavrakis/AP)

Es war das tödlichste Großfeuer in Europa seit mehr als einem Jahrhundert. In dem griechischen Küstenstädtchen Mati, einem Ferienort östlich von Athen, hinterließ die Katastrophe an einem hochsommerlichen Montagabend im Juli 2018 einen Haufen Asche und Tausende traumatisierte Menschen. Der 100. Tote hieß Spyros Spyridis, er starb erst 145 Tage später an seinen schweren Brandverletzungen in einem Athener Krankenhaus. Der Grieche wurde 73 Jahre alt, er hatte seine beiden Enkel vor dem Feuer gerettet, stundenlang harrte er mit ihnen im Meer aus, auf Hilfe wartend. Die Hilfe kam nicht.

Nun klagt die Athener Staatsanwaltschaft 20 Beschuldigte wegen fahrlässiger Tötung an. Darunter sind die Gouverneurin der Region Attika, Rena Dourou, zwei Bürgermeister, Verantwortliche der Feuerwehr sowie des Zivilschutzes - und der mutmaßliche Brandstifter.

Der 65-Jährige soll vor seinem Haus an einem Berg über Mati trockene Äste verbrannt und es danach versäumt haben, die Feuerstelle richtig zu löschen. Der starke Wind fachte die Flammen wieder an und trieb eine Feuerwalze auf die Küste zu. Wie die Zeitung Kathimerini berichtete, drohen den Angeklagten im Fall einer Verurteilung Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.

Archivbild des Brands vom Juli 2018: Damals löschte die Feuerwehr nahe Athen zwei große Waldbrände. (Foto: Thanassis Stavrakis/dpa)

Viele Menschen verbrannten auf der Flucht in ihren Autos oder auf dem Weg zum Wasser, in den verwinkelten Gassen von Mati. Mehr als 4000 Häuser wurden zerstört oder stark beschädigt. Drei Staatsanwälte haben sieben Monate lang ermittelt. Sie werfen den angeklagten Verantwortlichen vor, die rechtzeitige Evakuierung der Region versäumt zu haben.

Die Ermittler sprechen von einem "vollkommenen Versagen der Kommunikation" zwischen den zuständigen Stellen und schweren Mängeln bei der Koordination der Rettungskräfte. Ein Feuerwehrmann sagte nach der Katastrophe, er habe sich von seinen Vorgesetzten "alleingelassen gefühlt". Augenzeugen berichteten, die Hydranten seien sofort ausgefallen, und hilflose Verkehrspolizisten hätten sie in Richtung des Feuers dirigiert.

Regierungsvertreter hatten nach dem Brand Unmut erregt, als sie erst einmal darauf verwiesen, dass viele Häuser in Mati planlos oder illegal errichtet worden seien, womit die Verantwortung auf die Bürger gelenkt wurde. Die Ermittler haben dies als Ursache der Tragödie aber nicht in ihren Bericht aufgenommen.

"Es war eine Naturkatastrophe, die niemand stoppen konnte", sagte der Bürgermeister der Hafenstadt Rafina, Vangelis Bournous, der unter den Angeklagten ist, dem Rundfunksender ERT. "Ich vertraue der Justiz."

Auch die Frau des Bürgermeisters rettete sich ins Meer und überlebte mit Verbrennungen.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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