Waffenhändler Viktor Bout:Jeder Schuss sein Gewinn

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Weltweit wird weiter gekämpft, und Waffenhändler werden weiter daran verdienen. Nur für den "Händler des Todes" ist das Geschäft jetzt aus: Wie Viktor Bout gefasst wurde.

Oliver Meiler und Nicolas Richter

Die kriminelle Karriere Viktor Bouts endete im Luxushotel Sofitel in Bangkok: fünf Sterne, 38 Stockwerke, 469 Zimmer. Eine gute Adresse, aber etwas nahe am Skytrain, der hässlichen Einschienenbahn.

Viktor Bout nach der Festnahme in Bangkok. Eine Mail leitete das Ende seines Geschäfts mit dem Tod ein. (Foto: Foto: Reuters)

Am Donnerstag klopfte die Polizei an Bouts Tür. Er war unbewaffnet und leistete keinen Widerstand. Als sie ihn abführten, wirkte der weltweit berüchtigte "Händler des Todes" beinahe gutmütig. Mit Schnauzbart und mächtigem Bauch sah er aus wie viele weiße Touristen in Bangkok.

Als Bout den Medien vorgeführt wurde, gleich zwei Mal in zwei Tagen, da war in seinem Gesicht allenfalls ein Anflug von Verdruss zu erkennen. Als könne er es nicht fassen, dass er den Verfolgern so leicht ins Netz gegangen ist - er, der so viele Kriegsherren mit Waffen beliefert haben soll. Über all die Jahre war er überall dabei und doch nie zu fassen gewesen.

"Gutes Zeug im Angebot"

Sein Verhängnis nahm im vergangenen November seinen Lauf, mit einer gewöhnlichen E-Mail. Damals meldete sich ein V-Mann der amerikanischen Drogenfahndung bei einem Geschäftspartner Bouts. Er wolle dem Waffenhändler ein geschäftliches Angebot unterbreiten, schrieb er.

In der Antwort hieß es, Bout sei interessiert, und man vereinbarte ein Treffen in Curaçao auf den Niederländischen Antillen. Dort brachten die Amerikaner zwei weitere V-Leute ins Spiel: Latinos, die sich als Angehörige der Farc ausgaben, der kolumbianischen Terrororganisation, die seit Jahrzehnten den Staat bekämpft und die ihr Geld mit Drogenschmuggel und Entführungen verdient. Angeblich wollten sie bei Bout Boden-Luft-Raketen kaufen.

Bout machte bereitwillig mit. "Gutes Zeug" habe er im Angebot, ließ er laut US-Klageschrift wissen, "keinen Müll". Aber er hielt sich im Hintergrund. Bout war vorsichtig, noch. Er wusste, dass er weltweit gesucht wurde. Die Vereinten Nationen haben ihn beschuldigt, Kriege in Angola, Kongo, Liberia und Sierra Leone mit illegalem Kriegsgerät befeuert zu haben.

Bout, der heute 41 Jahre alte Russe, kaufte Maschinengewehre, Munition und Raketen aus den Beständen der UdSSR zusammen und lieferte mit der eigenen Flugzeugflotte bis auf die entlegenste afrikanische Sandpiste. Einer seiner mutmaßlichen Abnehmer war Liberias Ex-Präsident Charles Taylor, dessen Milizen das Nachbarland Sierra Leone terrorisierten.

Taylor zahlte mit Blutdiamanten und steht inzwischen in Den Haag vor Gericht. Nur Bout war scheinbar nie zu erwischen. Konflikte reihten sich an Konflikte, Diktatoren und Rebellen kamen und gingen. Nur Bout war immer Gewinner. Virtuos spielte er mit einem Netz internationaler Scheinfirmen. Bout, urteilten seine Verfolger, war ein faszinierender, aber destruktiver Typ.

"Wir brauchen Freunde wie Sie"

Auch in dem jetzt fehlgeschlagenen Farc-Geschäft agierte er zunächst aus der Deckung. Mit den Schein-Guerilleros verhandelte er lange über seinen Mittelsmann, mal in Kopenhagen, mal in Bukarest. Für fünf Millionen Dollar wollte er den Farc hundert Igla-Raketen sowjetischer Bauart liefern, die Ware sollte mit Fallschirmen über Kolumbien abgeworfen werden. "Wir können euch das Zeug im Busch abladen", sagte Bouts Mittelsmann zu den Schein-Rebellen. Übrigens habe Bout auch Hubschrauber im Angebot.

"Alle Kommunisten", ließ Bout ausrichten, "sind unsere Freunde", und die falschen Rebellen antworteten: "Wir brauchen immer Freunde wie Sie." Bout wusste nicht, dass jedes Treffen, jedes Telefonat von den US-Fahndern mitgeschnitten wurde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Falle zuschnappen würde, denn den Geschäftsabschluss machte er noch immer selbst, diesmal sollte es in dem Bangkoker Hotel sein.

Die thailändische Justiz hat noch nicht entschieden, ob sie Bout an die USA ausliefern oder ob sie ihm selbst den Prozess machen wird. In den USA gelten die Farc als Terroristen, dort dürfte das Urteil deutlich härter ausfallen. Dabei hat die US-Regierung den "Händler des Todes" jahrelang nur halbherzig verfolgt, angeblich nutzte das Pentagon im Irak sogar seine Dienste. Aber die Krisen ändern sich. In Südamerika hat der Krieg des US-Verbündeten Kolumbien gegen die Farc gerade eine politische Krise mit den Nachbarstaaten ausgelöst. Im Dschungel wird noch lange gekämpft, und Waffenhändler werden verdienen. Nur für Bout ist das Geschäft jetzt aus.

© SZ vom 08.03.2008/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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