Vorwurf der Vergewaltigung:Was passierte in Suite 57306?

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Cristiano Ronaldo am 6. Juli 2009 bei einer Pressekonferenz anlässlich seines Wechsels zu Real Madrid. Was war dreieinhalb Wochen zuvor in Las Vegas passiert? (Foto: AFP)
  • Es sind schwere Vorwürfe, die gegen Cristiano Ronaldo erhoben werden: Er soll vor neun Jahren in den USA eine Frau vergewaltigt haben.
  • Auf einer Pressekonferenz hat der Anwalt der Frau nun zu den Vorwürfen Stellung genommen.
  • Die Polizei in Las Vegas hat die Ermittlungen, die sie 2009 aufgrund einer außergerichtlichen Einigung eingestellt hatte, mittlerweile wieder aufgenommen.

Von Jürgen Schmieder, Las Vegas/Los Angeles

Was ist am 12. Juni 2009 in der Suite 57306 des Palms Casino Resorts in Las Vegas passiert? Es gibt nur zwei Menschen, die eine Antwort auf diese Frage geben können, das sind Kathryn Mayorga und Cristiano Ronaldo. Der portugiesische Fußballspieler in Diensten von Juventus Turin möchte nicht sagen, was geschehen ist, er hat auf dem sozialen Netzwerk Twitter lediglich mitgeteilt, was seiner Meinung nach nicht passiert ist. "Ich weise die Vorwürfe, die gegen mich erhoben werden, auf Schärfste zurück", heißt es da, und weiter: "Ich weigere mich, dem Medienspektakel weitere Nahrung zu liefern. Mein reines Gewissen erlaubt es mir, die Ergebnisse der Ermittlungen in aller Ruhe abzuwarten."

Es sind schlimme Vorwürfe, nach Mord die schwerwiegendsten im US-Bundesstaat Nevada, bei einer Verurteilung droht eine lebenslange Haftstrafe; gerade wurde die Verjährungsfrist bei Sexualstraftaten von vier auf 20 Jahre angehoben. Ronaldo soll Mayorga, so steht es in der Zivilklage, die am vergangenen Freitag beim Bezirksgericht von Clark County eingereicht worden ist, im Schlafzimmer dieser Suite vergewaltigt und die Tat danach vertuscht haben. Die Polizei von Las Vegas hat die Ermittlungen, die sie 2009 aufgrund einer außergerichtlichen Einigung zwischen Ronaldo und Mayorga eingestellt hatte, wieder aufgenommen. Ihr liegen nun auch jene Dokumente vor, die dem Enthüllungsportal "Football Leaks" nach eigenen Angaben zugespielt worden sein sollen und über die der Spiegel in dieser Woche berichtet hat.

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Vergewaltigung sei ein Verbrechen, das gegen alles gerichtet sei, wofür er stehe, twittert der portugiesische Nationalspieler.

"Sie leidet an schweren Depressionen und Angstzuständen, die letzten acht oder neun Jahre waren sehr schwierig für sie", sagte Mayorgas Anwalt Leslie Stovall am Mittwochabend (Ortszeit) während einer Pressekonferenz in Las Vegas auf die Frage, warum Mayorga nicht anwesend sei und sich nicht öffentlich zu den Vorfällen äußern wolle. Sie leide an posttraumatischer Belastungsstörung und habe in den vergangenen Jahren immer wieder Suizidgedanken gehabt, der aktuelle Rummel sei ihr zu viel geworden: "Sie befindet sich in Therapie und wird da durchkommen, es ist jedoch nicht einfach für sie."

Es wird viel debattiert und mitunter wild spekuliert über diesen Fall - und warum er mehr als neun Jahre später nun noch einmal ein Thema für die Polizei und die Öffentlichkeit wird. Mayorga und Ronaldo sind sich, das ist auf Paparazzi-Fotos und einem Video zu sehen, an diesem Abend im VIP-Bereich des Nachtclubs "Rain" im Palms Casino Resort begegnet, sie haben sich unterhalten und eng umschlungen miteinander getanzt. Später sind sie, dafür gibt es mehrere Zeugen, in der Suite von Ronaldo gewesen. Und dann?

Es wird auch deshalb so heftig spekuliert, weil sich die Welt verändert hat seit diesem 12. Juni 2009. Die Enthüllungen über Produzent Harvey Weinstein und Schauspieler Kevin Spacey, ausgesprochen auch von Prominenten wie Angelina Jolie, Gwyneth Paltrow und Uma Thurman, haben vor einem Jahr die "Me Too"-Debatte ausgelöst. Es kam vieles über viele heraus, in zahlreichen Fällen wird strafrechtlich ermittelt, und der rote Faden dabei ist, dass berühmte und einflussreiche Leute ihre Macht und ihren Reichtum missbraucht und mit außergerichtlichen Einigungen und teils perfiden Drohungen etwaige Klagen und eine weitere öffentliche Diskussion über die Vorwürfe vermieden haben.

Es gehe nicht nur um die fragliche Nacht, sagt Mayorgas Anwalt

"Die 'Me Too'-Bewegung hat meine Klientin nun dazu ermutigt, selbst aktiv zu werden, zur Polizei zu gehen und mehrere Klagen einzureichen", sagt Stovall. Es gehe nicht nur um die fragliche Nacht selbst, sondern auch um das Verhalten von Ronaldo und seinen Helfern danach. Sie sei beschattet und unter Druck gesetzt worden, eine außergerichtliche Einigung anzunehmen, bei der sie 375 000 Dollar bekommen habe unter der Bedingung, nie über den Vorwurf zu sprechen, dass Ronaldo sie vergewaltigt habe, auch nicht mit Freunden oder Eltern.

Darüber hatte der Spiegel bereits vor eineinhalb Jahren berichtet, Ronaldos Beraterfirma hatte die Vorwürfe damals als "journalistische Fiktion" bezeichnet und Mayorga diskreditiert, sie wäre zu feige, sich "öffentlich zu dem Vorwurf zu bekennen".

Hat Cristiano Ronaldo eine Frau vergewaltigt? Oder nutzt hier jemand die Prominenz eines anderen aus, handelt es sich also um Rufmord? Die Antwort müssen die Ermittlungsbehörden geben. Aus dem Umfeld der Polizei von Las Vegas ist zu hören, dass sie Ronaldo befragen will, nicht schriftlich, damit es keine vorgefertigten Antworten geben kann. Sondern live, per Videoschaltung.

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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