Trauerfeier für Mirco:Beten für den Täter

Seit einer Woche ist klar: Der kleine Mirco ist tot. Mit einem Gottesdienst nahmen die Menschen in Grefrath Abschied. Auch die Familie des mutmaßlichen Mörders wurde in die Gebete eingeschlossen.

Mit einem bewegenden Trauergottesdienst haben am Donnerstag in Grefrath Familienangehörige, Nachbarn, Freunde und Mitschüler des ermordeten Mirco Abschied genommen.

Mircos Eltern appellieren an Täter

Mircos Eltern wandten sich im September über das Fernsehen an den noch unbekannten Täter: "Wir und seine Geschwister würden ihn gerne in unsere Arme nehmen, sagen, dass wir ihn liebhaben und dass alles wieder gut wird", verlas die Mutter unter Tränen. "Und falls das Schlimmste eingetroffen ist, müssen wir Abschied nehmen und irgendwie weiterleben."

(Foto: dpa)

Mirco sei "Opfer der Willkür und Gewalt eines Starken geworden", sagte Pfarrer Johannes Quadflieg bei dem ökumenischen Gottesdienst in der Laurentius-Kirche der Gemeinde am Niederrhein. Sein schrecklicher Tod habe alle erschreckt, bestürzt und mit tiefer Trauer erfüllt. Die Eltern von Mirco nahmen nicht an dem Gottesdienst teil. Sie seien an einem vertrauten Ort, wo sie durchatmen könnten, sagte Präses Roman Siewert vom Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, zu der Mircos Familie gehört. Er verlas einen Brief der Eltern an die Einwohner von Grefrath, seine Mitschüler und die Mitarbeiter der Polizei.

Mirco sei "freundlich, lebenslustig" gewesen, heißt es darin. "Er war unser Clown, unsere Sportskanone, er hatte Rhythmus im Blut." Seine Freizeit habe er gerne auf Bauernhöfen verbracht. "Wenn er groß ist, wollte er Bauer werden", schrieben die Eltern. "Er war etwas Besonderes." Sie dankten für Hilfe, Zuspruch und Gebete. "Viele haben ihn in ihr Herz geschlossen, mit uns gefühlt."

In den Fürbitten wurde auch für den Täter und seine Familie, "für alle, die seine Tat mitgetroffen hat" gebetet. Die Ermordung des Zehnjährigen habe "unendliches Leid" über beide Familien gebracht, hatte Siewert gesagt.

Vor dem Trauergottesdienst hatten sich die Eltern erstmals seit der Ermordung des Jungen in der Öffentlichkeit geäußert. Als in der vergangenen Woche die Leiche von Mirco gefunden wurde, "machte sich irgendwie auch Erleichterung in mir breit - Erleichterung, dass wir nun nicht mehr zwischen Hoffen und Bangen leben müssen", sagte Sandra S. dem Magazin Geistbewegt, das zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden gehört.

Trost und Halt finden die Eltern nach eigenen Angaben in ihrem Glauben. So wüssten sie genau, wo sie mit ihrer Last hin müssten: "Wir bringen sie Gott, jeden Tag aufs Neue", sagte Sandra S.

Den mutmaßlichen Mörder Olaf H. bezeichnet die Mutter als "belasteten Menschen, der nicht wusste, wohin mit seiner Last". "Er muss wohl im wahrsten Sinne des Wortes vom Teufel geritten worden sein", sagte die Frau.

Frischgebackene Kekse für Mirco

Anfangs hofften die Eltern noch auf eine Rückkehr ihres Sohnes. "Wir wollten in den ersten Tagen am liebsten gar nicht mehr das Haus verlassen, weil wir befürchteten, einen wichtigen Anruf oder Nachricht zu verpassen", sagte Sandra S. Stets habe ein frischgebackener Kuchen oder Kekse auf dem Tisch zu Hause gestanden. "Damit auch Gebackenes da ist, wenn der Mirco wieder nach Hause kommt. Das war uns irgendwie sehr wichtig", erklärte sie.

Auch in dieser Zeit haben die Eltern Rückhalt in ihrem Glauben gesucht. "Sechs Wochen lang haben wir uns jeden Abend zum Gebet bei uns im Haus getroffen. Wir baten Gott für Mirco und auch für den Menschen, der sein Verschwinden zu verantworten hat", sagte Sandra S.

Aus der Bevölkerung in Grefrath habe es stets eine große Anteilnahme gegeben. "Ja, wir bekamen sogar Anrufe und E-Mails aus den USA, Afrika und Irland", sagte Mircos Vater Reinhard S.

Mircos Schicksal war fast fünf Monate ungewiss. Erst in der vergangenen Woche wurde der Tatverdächtige Olaf H. festgenommen. Der Mann hat die Tat gestanden und die Ermittler zum Tatort geführt. Seitdem sitzt der 45-jährige Familienvater aus dem nahegelegenen Schwalmtal unter anderem wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs in Untersuchungshaft.

Er soll Mirco am Abend des 3. September entführt, sich in einem Waldstück an ihm vergangen und ihn dann umgebracht haben.

Olaf H. fügte sich leichte Verletzung zu

Indes wurde bekannt, dass der mutmaßliche Mörder sich in Haft absichtlich "leichte oberflächliche Hautverletzungen" zugefügt hat. Der Vorfall sei aber nicht als Suizidversuch zu werten, betonte Polizeisprecher Peter Spiertz in Mönchengladbach. Zu den Gründen dafür habe sich Olaf H. nicht geäußert. Er gelte derzeit nicht als akut selbsttötungsgefährdet. Zuvor hatte die Bild-Zeitung berichtet, Olaf H. habe versucht, sich "die Pulsadern aufzuritzen".

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