Vor Gericht:Krankenpfleger Niels Högel: mehr als 100 Opfer

Patientenmörder Niels H. 2014 vor Gericht

Krankenpfleger Niels Högel im Jahr 2014 im Gerichtssaal des Landgerichts in Oldenburg.

(Foto: dpa)
  • Nach Abschluss weiterer Untersuchungen gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass mehr als 100 Menschen Opfer des Krankenpflegers Niels Högel wurden.
  • Högel hatte Patienten in Delmenhorst und Oldenburg Medikamente gespritzt, die Herzversagen oder Kreislaufkollaps auslösten. Dann versuchte er, sie wiederzubeleben.
  • Der heute 40-Jährige verbüßt bereits eine lebenslange Haftstrafe.

Es gilt als größtes Verbrechen eines Einzelnen in der Nachkriegszeit: Mehr als 100 Menschen sollen dem ehemaligen Krankenpfleger Niels Högel aus Niedersachsen zum Opfer gefallen sein. Dies teilten Polizei und Staatsanwaltschaft nach dem Abschluss weiterer toxikologischer Untersuchungen in Oldenburg mit. Bislang waren die Ermittler von 90 Taten ausgegangen.

In Krankenhäusern in Delmenhorst und Oldenburg hatte der Krankenpfleger in den Jahren 2000 bis 2005 Patienten mit einer Überdosis von Medikamenten in einen "reanimationspflichtigen Zustand" gebracht, um anschließend bei der Wiederbelebung seine Fähigkeiten zu beweisen.

Auf SZ-Anfrage teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass Niels Högel nach Abschluss der Untersuchungen nun 101 Fälle zugerechnet werden, in denen er Patienten die entsprechenden Medikamente gespritzt haben soll. Wegen sechs dieser Taten ist Högel bereits im Jahr 2015 zu lebenslanger Haft verurteilt worden: in zwei Fällen wegen Mordes, in vier weiteren wegen versuchten Mordes. Der Staatsanwaltschaft zufolge muss nun noch in fünf weiteren Fällen untersucht werden, ob diese ebenfalls dem Krankenpfleger anzulasten sind. Bestätigen die Untersuchungen diesen Verdacht, sind insgesamt 106 Menschen Opfer des Krankenpflegers geworden.

Im Juni 2005 war Högel zum ersten Mal festgenommen worden, Kollegen aus Delmenhorst hatten Verdacht geschöpft. 2006 war er wegen versuchten Totschlags zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Während er im Gefängnis saß, wurde er wegen weiterer Taten angeklagt.

Als Högel im Jahr 2015 verurteilt wurde, war bereits klar, dass es einen weiteren Prozess geben würde. Der Krankenpfleger hatte im Lauf der Verhandlungen gestanden, insgesamt 90 Menschen in Delmenhorst Gilurytmal gespritzt zu haben. Im Urteil wurde auch die besondere Schwere der Schuld festgestellt - und damit ausgeschlossen, dass Högel nach 15 Jahren auf Bewährung freikommt.

Högel wird sich auch wegen der neuen Fälle vor Gericht verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft will Anfang des kommenden Jahres Anklage gegen ihn erheben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: