Gina-Lisa Lohfinks Fall gehörte zu den bizarrsten Begleiterscheinungen der an Merkwürdigkeiten nicht armen Debatte um die Reform des Sexualstrafrechts. Das Model wurde unversehens zur Ikone einer Nein-heißt-Nein-Kampagne erhoben, obwohl schon bald zweifelhaft war, ob sie wirklich Opfer einer Vergewaltigung geworden war.
Nun hat ein Amtsgericht festgestellt, dass sie nicht Opfer war, sondern Täterin. Ihr Nein, das so medienwirksam nutzbar gemacht wurde, galt der Handykamera, nicht dem Sexualpartner.
Als Symbol taugt die Causa Lohfink gleichwohl. Sie steht für die Entgleisung des rechtspolitischen Diskurses. Die Reform des Vergewaltigungsparagrafen war eine komplizierte Sache: Es gab gute Gründe, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht zu stärken, aber auch nachvollziehbare Bedenken, die auf Beweisprobleme hinwiesen oder darauf, dass die angebliche Schutzlücke vielleicht doch nicht so gewaltig war wie behauptet. Doch in der Debatte dominierten schrille Töne - wie etwa die unablässig wiederholte Falschbehauptung, Vergewaltigung setze die körperliche Gegenwehr der Frau voraus.
Wer sich Lohfink als paradigmatisches Opfer ausgeguckt hat, kann hier Folgendes lernen. Wer Täter und wer Opfer war, steht nicht schon in der Phase des frühen Verdachts fest. Vergewaltigung ist ein furchtbares Verbrechen. Aber ein falscher Vorwurf kann eine Existenz vernichten.