Bundesgerichtshof:Außergewöhnlicher Schritt zur Urteils-Aufhebung

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Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat ein Urteil des Limburger Landgerichts aufgehoben.

(Foto: Uli Deck/dpa)

Ein Gericht erkannte keinen Vorsatz, nachdem Eltern einer jungen, schwerkranken Frau zu spät den Notarzt gerufen hatten. Das BGH ordnet nun einen neuen Prozess an.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die Eltern einer jungen Frau aus dem hessischen Lahn-Dill-Kreis hatten ihrer Tochter buchstäblich beim Sterben zugesehen, ihr Anruf beim Notarzt kam viel zu spät. Dennoch waren sie mit einem milden Urteil davongekommen, das Landgericht Limburg erkannte auf fahrlässige Tötung und verhängte eine Bewährungsstrafe. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil aufgehoben und einen neuen Prozess angeordnet. Den Eltern sowie einer Schwester des Opfers droht nun doch noch der Gang ins Gefängnis.

Die junge Frau namens Josefine war seit ihrer Geburt krank - Diabetes, Herzklappenfehler, Downsyndrom. Jahrelang hatte sich die Familie vorbildlich gekümmert. Doch Ende Oktober 2016, als sich ihr Gesundheitszustand dramatisch verschlechterte, blieben Eltern und Schwester zunächst weitgehend untätig. Erst als der Blutzuckerwert bereits in lebensgefährliche Zonen gestiegen war, riefen sie doch noch den Notarzt - zu spät: Die junge Frau starb.

Das Landgericht hatte die ältere Schwester des Opfers freigesprochen und die Eltern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. In einem außergewöhnlichen Schritt hatte die Strafkammer aber offengelegt, dass drei der fünf Richter von vorsätzlicher Tötung ausgingen - was aber nicht ausreichte, weil für eine Verurteilung eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist, also vier von fünf Stimmen. So blieb es bei fahrlässiger Tötung. Laut BGH ist das Urteil fehlerhaft und muss aufgehoben werden, weil die Beweise nicht ausreichend gewürdigt wurden.

Der neue Prozess findet vor dem Landgericht Frankfurt statt. Dort werde man "auch eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu erwägen haben", heißt es in einer Mitteilung des BGH. Die Mindeststrafe beträgt drei Jahre. Eine Aussetzung zur Bewährung ist da nicht mehr möglich.

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