Im Hula-Tal im Norden Israels ist zu normalen Zeiten ein einzigartiges Naturschauspiel zu beobachten: Zehntausende Zugvögel machen hier halt, die tägliche Fütterung der Kraniche ist eine große Touristenattraktion. Jetzt aber ist das Tal erst mal geschlossen, man könnte auch sagen: im Lockdown. Denn das Naturschutzgebiet verzeichnet einen massiven Ausbruch der Vogelgrippe. 5000 tote Kraniche haben sie in der sumpfigen Ebene schon gefunden.
Israels Umweltministerin Tamar Zandberg spricht vom "schwersten Schlag für die Tierwelt in der Geschichte des Landes". Zudem bangen die Hühnerfarmer um ihre Existenz - und mitten in der neuen Corona-Welle wächst auch noch die Sorge, dass das für die Vogelgrippe verantwortliche H5N1-Virus auf Menschen übergreifen könnte.
Als Ausgangspunkt der Seuche wird ein Moschav, also eine landwirtschaftliche Genossenschaft, in der Nähe der libanesischen Grenze vermutet. Dort befindet sich eine riesige Legebatterie, in der bereits mehr als 500 000 Hennen getötet werden mussten. Da das Virus mittlerweile auch noch in mindestens drei weiteren Hühnerfarmen gefunden wurde, droht in Israel für die nächsten Wochen eine Knappheit an Eiern. Von den normalerweise monatlich im Land verbrauchten 200 Millionen Eiern würden mindestens 14 Millionen fehlen, heißt es.
Jagdsaison soll beendet werden
Ein Lastwagenfahrer, der Futter an den Moschav geliefert hatte, soll die Seuche von dort aus weiterverbreitet haben. Anschließend war er mit einer Lieferung ins Hula-Tal gefahren. Das Landwirtschaftsministerium wirft dem Betreiber der Hühnerfarm vor, den Ausbruch der Vogelgrippe nicht rechtzeitig gemeldet zu haben. Deshalb habe sie sich "wie ein Lauffeuer" verbreiten können.
Bislang gibt es noch keine Anzeichen dafür, dass das Virus auch Menschen infiziert haben könnte. Doch die Öffentlichkeit wurde aufgefordert, tote Vögel nicht zu berühren und jeden Fund umgehend zu melden. Hühnerfleisch soll in jedem Fall lange gekocht oder gebraten werden. Um die Vorsorgemaßnahmen abzustimmen, versammelte Premierminister Naftali Bennett bereits eine Runde von Sicherheitsexperten und Mitarbeitern des Landwirtschafts-, Gesundheits- und Umweltministeriums.
Erwogen wird unter anderem auch, die aktuelle Jagdsaison vorzeitig zu beenden. Traditionell werden im Herbst und im Winter in Israel eine große Zahl an Vögeln geschossen - und in vielen Fällen auch von den Jägern verspeist. Umweltministerin Tamar Zandberg bezeichnete das Jagd-Ende als "notwendigen Schritt, um den Ausbruch der Seuche einzudämmen und die Jäger vor einer gefährlichen und ansteckenden Krankheit zu schützen". Die Ministerin verwies auf die hohe Sterblichkeit unter den Kranichen und anderen Vögeln. Dies deute auf einen "ernsthaften und abnormalen Ausbruch" hin, der es erforderlich mache, den Kontakt zwischen Menschen und Vögeln so weit es geht einzuschränken.
Das Hula-Tal soll zunächst bis zum Jahresanfang geschlossen bleiben. Die noch lebenden Kraniche werden fernab von Besuchern weiter gefüttert. So soll verhindert werden, dass sie das Gelände verlassen und die Seuche in andere Gebiete Israels oder in andere Länder tragen.