Verschwundene Flick-Leiche:Unwürdiges Geschacher

In der Offensive: Die Familie Flick hat im Fall der gestohlenen Leiche Anzeige gegen einen dubiosen Nürnberger Anwalt erstattet. Der wollte für 100.000 Euro das Versteck offenbaren.

Uwe Ritzer

Am liebsten hätte Wolfgang Spachmüller als CSU-Politiker Aufsehen erregt, doch seine Karriere endete vor zehn Tagen jämmerlich, noch ehe sie begonnen hatte. Mit einer einzigen von 114 abgegebenen Stimmen versenkte die Parteibasis Spachmüllers Ambitionen auf eine Bundestagskandidatur im Wahlkreis Nürnberg-Süd. Statt die große Bühne im Berliner Reichstag zu bespielen, muss sich der 45-Jährige nun weiter mit lokalen Auftritten als eifriger Funktionär des Lions Clubs begnügen.

Sarg von Milliardär Flick, AP

Bild vor dem Diebstahl: Am 11. Oktober 2006 wird der Sarg mit dem Leichnam von Karl Friedrich Flick auf dem Friedhof von Velden in Kaernten zu Grabe getragen.

(Foto: Foto: AP)

Als Anwalt hingegen macht Spachmüller seit dem Wochenende groß von sich reden, wenngleich die Umstände höchst anrüchig sind. Er hat versucht, mit angeblichem Wissen um die gestohlene Leiche des 2006 verstorbenen Milliardärs Friedrich Karl Frick, unappetitliche Geschäfte und für sich einen kräftigen Reibach zu machen.

Nein, sagt Spachmüller am Montag am Telefon, er sage zu dem Fall überhaupt nichts mehr und er habe auch nichts mehr damit zu tun. "Das Mandat ist beendet." Er lässt offen, ob er es zurückgegeben, oder aber sein unbekannter Mandant es ihm entzogen hat. Letzteres gilt als wahrscheinlich. Dem Mandanten des Fachanwalts für Versicherungs- und Verkehrsrecht kann die Publicity der vergangenen Tage sicherlich nicht recht sein.

Das unwürdige Geschacher begann am 8. Dezember. Da habe ihn Spachmüller in seiner Düsseldorfer Kanzlei angerufen, sagt Jörg-Andreas Lohr, Vorsitzender der Flick-Privatstiftung. Er habe ihm erklärt, ein Mandant kenne das Versteck des zwischen 12. und 14. November aus dem Familien-Mausoleum in Velden am Wörthersee gestohlenen Sarges mit den sterblichen Überresten des Milliardärs.

Spachmüller fordert 11.900 Euro Honorar

Man werde es preisgeben, sofern im Gegenzug jene 100.000 Euro Belohnung gezahlt würden, die Flicks Witwe Ingrid für entsprechende Hinweise ausgelobt habe. "Er wollte mehrfach von mir wissen, ob auch mehr Geld drin sei", schildert Lohr, der nach dem Telefonat Polizei und Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat.

Diese rieten, zum Schein auf das fragwürdige Angebot einzugehen. Man erhoffte sich Erkenntnisse über den Verbleib des verstorbenen Industriellen und die Sargräuber. Spachmüller ging daraufhin ans anwaltliche Werk. Er verfasste einen dreiseitigen Vertragsentwurf, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Ingrid Flick sollte sich darin verpflichten, "binnen 24 Stunden nach beidseitiger Unterzeichnung dieser Vereinbarung" auf das Treuhandkonto eines Notars 111.900 Euro - besagte 100.000 Euro Belohnung, plus 11.900 Euro Honorar für Spachmüller - zu überweisen.

Spätestens 72 Stunden später werde man die Witwe "über den genauen Aufenthaltsort der sterblichen Überreste" des Milliardärs informieren. Ingrid Flick sollte sich damit einverstanden erklären, dass die Identität des Spachmüller-Mandanten geheim bleibt. Ausdrücklich sollte sie den Anwalt und dessen Kanzlei "von sämtlichen Kosten freistellen, die aus polizeilichen, gerichtsmedizinischen oder anderen" Maßnahmen entstehen könnten.

Als Beweis für die Echtheit des Angebotes soll Spachmüller eine DNS-Probe des Leichnams angeboten haben. Den Vertragsentwurf übermittelte Spachmüller am 12. Dezember an den Flick-Vertrauten Lohr. Und zwar namens und unter dem Briefkopf der renommierten Nürnberger Zivilrechtskanzlei Herzog und Partner. Dabei war Spachmüller dort bereits am 3. Dezember ausgeschieden.

Von dem Mandat habe man nichts gewusst, "es stellt einen Alleingang von Rechtsanwalt Spachmüller dar", heißt es in einer Stellungnahme der Kanzlei. Man sei "entsetzt über die Pietätlosigkeit" des Ex-Kollegen, sagte Seniorpartner Roman Peter der SZ. "Wir hätten solch ein schlüpfriges Mandat nie und nimmer angenommen."

Erst am Montag habe er die entsprechenden Akten gefunden, sagt Roman Peter. Zuvor hatte er in den Nürnberger Lokalzeitungen lesen müssen, sein Ex-Kollege habe sinngemäß gelästert, die Flicks seien doch eine reiche Familie und könnten die 111900 Euro locker bezahlen. Im übrigen sei er "natürlich verschnupft" über die Zurückweisung seines Angebots.

Ob dieses mit den Rechten und Pflichten eines Anwalts vereinbar oder kriminell war, muss vielleicht die Staatsanwaltschaft prüfen. Die Familie Flick hat Strafanzeige gestellt, ermittelt wird bislang aber noch nicht. Spachmüllers Ex-Kollege Peter sagt, aus den Kanzleiakten gehe hervor, "dass dieser Fall eher einen skurrilen als einen kriminellen Hintergrund hat". Ermittler aber hegen den Verdacht, die Sargräuber oder aber Mitwisser könnten im Raum Nürnberg angesiedelt sein. Viel weiter sei der Anwalt Spachmüller in der Vergangenheit kaum gekommen.

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