Verschollenes Flugzeug:Erde an MH370 - bitte kommen!

Warum ist das Interesse an dem verschollenen Flugzeug MH370 so groß? Es ist die Vorstellung, dass auch noch in unserer Zeit ein so großes Gerät verschwinden kann.

Ein Kommentar von Jan Heidtmann

Flugzeuge gelten als das sicherste Fortbewegungsmittel. Da ist es doch etwas erschreckend, was so Tag für Tag mit diesem Gerät geschieht. Auf dem Flughafen Oslo bricht die Scheibe einer Verkehrsmaschine, bei Frankfurt fällt in der Luft ein Triebwerk aus, in Genf setzt beim Landen das Heck mit auf. All das und noch ein paar Handvoll folgenloser Vorfälle mehr geschahen in Wochenfrist, akkurat zusammengestellt auf der Internetseite The Aviation Herald.

Ganz oben auf der Liste und das größte Rätsel auch hier: Flug MH370 der Malaysian Airlines. Weit mehr als 4000 Mal wurde der Eintrag seit dem Verschwinden der Maschine am Samstag vorvergangener Woche kommentiert. Technische Details werden da besprochen und Verschwörungstheorien verhandelt, das Logbuch eines fast verzweifelten Erklärungsversuchs. Erde an MH370 - bitte kommen.

Das enorme Interesse an der verschollenen Boeing 777-200 lässt sich leicht erklären. Mit dem Schicksal der 239 Menschen an Bord. Mit dem immer spannenderen Krimi rund um die Flugroute und dem mutmaßlichen Versagen der malaysischen Behörden. Aber ist da nicht noch etwas?

Eine Hoffnung, die komplett unmöglich ist

Vor sechs Jahren kursierte weltweit das Foto eines mutmaßlich unentdeckten Indianerstamms in Brasilien. Die Aufnahme war aus einem Helikopter gemacht worden, zu sehen sind auf einer Lichtung im Amazonas-Regenwald drei Eingeborene. Zwei zielen mit Pfeil und Bogen auf ihre Beobachter. Bevor sich herausstellte, dass der Stamm bereits seit 1910 bekannt war, hielten Foto und Geschichte eine größere Öffentlichkeit in ihrem Bann.

Ein noch nicht entdeckter Indianerstamm? Im 21. Jahrhundert? Das war eine Hoffnung und gleichzeitig komplett unmöglich. Genauso unmöglich wie die Vorstellung, dass auf der Erde ein Gerät von der Größe eines Verkehrsflugzeugs verschwinden könnte. Einfach so. Weg vom Radar. "Alles klar. Gute Nacht", lautete die letzte Durchsage.

Wer heute über 30 ist, hat miterlebt, wie fast der letzte Winkel der Erde ausgeleuchtet worden ist, die tiefste Tiefe im Meer ausgelotet und der kleinste Quadratmeter Steppe kartografiert wurde. Wie der Blick der Gesellschaften nicht mehr nach außen, zu neuen Grenzen wanderte, sondern nach innen; wie der Erhalt des Ökosystems mehr interessierte als der nächste Mondflug. Seitdem ist der Mensch damit beschäftigt, noch seine letzten Schätze zu heben. Sei es den seit 500 Jahren verschollene Dreimaster Flor do Mar in der Straße von Malakka oder ein neues Heilkraut aus den Subtropen.

Die NSA hat die letzte Hoffnung zerstört

Es war das Ende einer Sehnsucht nach dem noch Unentdeckten, dem Unbeschriebenen, und wer sie nicht längst verloren hatte, dem wurde sie in jüngster Zeit ausgetrieben. Mit Google-Maps, Google Street-View, Spionagesatelliten, die aus dem Weltall selbst Gesichter erkennbar machen, auch mit dem NSA-Skandal ist die letzte Hoffnung geschwunden, sich unbemerkbar machen zu können. Da helfen selbst Reisetipps zu den Funklöchern dieser Erde nichts. Verschwand dann doch einmal etwas Größeres, der Abenteurer Steve Fossett mit seinem Flugzeug in Nevada etwa oder ein russisches Passagierflugzeug auf Schauflug nach Indonesien, wurde auch noch jede Ecke durchforstet. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

So haben sich neben nunmehr 26 Nationen und der Nasa auch die Menschen zu Hause an der Suche nach der Boeing beteiligt. DigitalGlobe, ein Unternehmen, das Satellitenbilder verkauft, hat dafür zwei seiner Satelliten abgestellt. Anhand der Aufnahmen des möglichen Fluggebietes von MH370 konnte nun jeder im Netz mithelfen, das Flugzeug aufzuspüren. Fünf Millionen Menschen haben dabei nach Angaben des Unternehmens mitgemacht.

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