Vermisste Michelle:"Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen"

Die achtjährige Michelle ist am Montag auf dem Weg vom Hort nach Hause verschwunden. Die Polizei in Leipzig sucht fieberhaft nach dem Mädchen.

Die Polizei hat die Suche nach der seit Montag vermissten achtjährigen Michelle aus Leipzig ausgeweitet. Die Zahl der Einsatzkräfte sei am Mittwoch noch einmal kräftig erhöht worden, sagte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur AP.

Vermisste Michelle: Die kleine Michelle wird seit Montagnachmittag vermisst.

Die kleine Michelle wird seit Montagnachmittag vermisst.

(Foto: Foto: dpa)

Es seien insgesamt weit über 100 Beamte aus ganz Sachsen im Einsatz. Von der Grundschülerin fehlte trotz pausenloser Suche nach wie vor jede Spur. Eltern und Mitschüler versammelten sich vor der Schule und setzten Zeichen der Hoffnung. Innerhalb der Polizei wird befürchtet, dass Michelle Opfer eines Verbrechens geworden sein könnte. Ein Ermittler sagte der AP, mit jeder Stunde werde die Situation dramatischer. "Möglicherweise wird das Kind irgendwo festgehalten", sagte er. "Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen."

Die Polizeisprecherin sagte, alle denkbaren Szenarien würden bei der Suche in Betracht gezogen. "Jedem Hinweis wird nachgegangen." Denkbar sei auch ein Unglücksfall.

Die Suche ging am Mittwoch mit Hochdruck weiter: Sie konzentrierte sich erneut auf das Gebiet um die Schule und die Wohnung von Michelles Eltern im Südosten von Leipzig. "Wir gehen noch einmal Straßenzug um Straßenzug durch", sagte ein Beamter. Erneut durchkämmten Bereitschaftspolizisten die Gegend. Unterstützt wurden sie von Polizeireitern, Spür- und Rettungshunden sowie einem Hubschrauber mit Wärmebildkamera, der über unbewohnten Gebieten wie einem leer stehenden Fabrikgelände sowie Parkanlagen kreiste.

Eine Hundestaffel wurde unter auf einem Friedhof eingesetzt. Die Polizei richtete inzwischen eine Sonderkommission ein. In der Stadt wurden weitere rund 5000 Zettel mit dem Foto und Angaben zur Vermissten verteilt.

Schutzengel und Kerzen vor der Schule

Die Polizei setzte zudem ihre Überprüfung von einschlägig vorbestraften Triebtätern fort, die in dem Stadtteil gemeldet sind. Das rotblonde Mädchen war am Montagnachmittag von der Ferienbetreuung in der 25. Grundschule im Stadtteil Reudnitz nicht nach Hause zurückgekehrt. Die Grundschule ist nur etwa zehn Gehminuten oder 800 Meter von der Wohnung ihrer Eltern entfernt.

Eine Polizeisprecherin sagte, das Mädchen gelte als zuverlässig. Auf dem Weg nach Hause sei sie das erste Stück mit einer Freundin gegangen, bevor sie sich trennten. Nach Angaben des von der Polizei befragten Mädchens soll Michelle dabei gesagt haben, dass sie noch zu "L" gehen wolle.

Die Leipziger Polizei sucht mit einem Großaufgebot nach dem Mädchen. Pferdestaffeln, Hunde und ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera seien im Einsatz, sagte eine Sprecherin.

Die Ermittler prüften daraufhin Personen aus Michelles Umfeld, deren Namen mit L beginnen. Auch dies habe aber nichts Greifbares gebracht, hieß es. Vor der Schule kamen im Laufe des Tages Eltern anderer Kinder sowie Mitschüler von Michelle zusammen, um der Familie des vermissten Mädchens den Rücken zu stärken. Als Zeichen der Hoffnung, aber auch Ausdruck von Sorge und Angst legten sie handgemalte Zettel und Plüschtiere sowie einen Schutzengel ab und entzündeten Kerzen. Auf den Zetteln hieß es unter anderem: "Warum?" Und "Komm endlich wieder!".

Die Polizei hatte die Bevölkerung bereits am Dienstag zur Mithilfe aufgerufen. In Leipzig wurden Fahndungsblätter mit Fotos der Vermissten verteilt. Außerdem begannen die Beamten damit, Videomaterial aus Bussen und Straßenbahnen auszuwerten. Sollte das Mädchen, das normalerweise zu Fuß nach Hause läuft, den Nahverkehr genutzt haben, könnte das Material wichtige Hinweise liefern.

Der Vermisstenfall weckt in Leipzig Erinnerungen an den neunjährigen Mitja. Ein vorbestrafter Triebtäter vergewaltigte und tötete den Jungen Anfang 2007, nachdem er ihn auf dem Nachhauseweg abgefangen hatte. Dem Mörder kam man mit Hilfe einer Straßenbahn-Überwachungskamera auf die Spur.

Die Eltern von Michelle werden von der Polizei abgeschirmt. "Die Familie wird rund um die Uhr von Experten betreut, darunter sind auch Psychologen", sagte die Sprecherin.

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