Vergewaltigung:Polanski wollte Opfer 500.000 Dollar zahlen

Neue Ungereimtheiten im Fall Polanski: Der inhaftierte Regisseur soll sich 1993 mit seinem Opfer auf eine Entschädigung geeinigt haben.

J. Häntzschel und Th. Kirchner

Der Fall des in der Schweiz in Auslieferungshaft sitzenden 76-jährigen Regisseurs Roman Polanski ist um einige Ungereimtheiten reicher geworden. Am Freitag wurde bekannt, dass Polanski und sein Opfer, Samantha Geimer, sich 1993 auf einen Vergleich geeinigt haben, nachdem er ihr bis Oktober 1995 gut 500.000 Dollar zahlen würde. Polanski sitzt wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung der damals 13-jährigen Geimer im Jahr 1977 in Schweizer Haft.

Nach dem letzten nun veröffentlichten Dokument vom August 1996 hatte Polanski den mit Zinsen auf über 600.000 Dollar angewachsenen Betrag bis dahin aber nicht gezahlt. Daraufhin versuchte Geimer mit Hilfe der Behörden sogar, Polanskis Honorare von Filmstudios beschlagnahmen zu lassen.

Ob Polanski das Geld je gezahlt hat, ist offen. Allerdings hat sich Geimer seit 1997 vehement für die Einstellung des Verfahrens gegen Polanski ausgesprochen.

Der mit dem Fall damals nicht befasste, mittlerweile pensionierte Staatsanwalt David Wells erklärte indes, er habe gelogen, als er behauptete, er habe den Richter Laurence Rittenband 1977 dazu gedrängt, Polanski ins Gefängnis zu bringen. Wells' Äußerungen nährten zuletzt den Verdacht, der Richter habe sich beeinflussen lassen.

Ein Gutachten, das Bewährungshelfer, Psychiater und Psychologen 1977 zu Polanski verfassten und das nun veröffentlicht wurde, wirft ein erstaunlich mildes Licht auf die Ereignisse im Haus von Jack Nicholson und auf Polanski selbst: Ein Psychiater beschreibt Polanskis Verhalten als "weder aggressiv noch gewalttätig".

Ein anderer, Alvin Davis, schreibt über Polanski: "Er ist kein Päderast. (...) Er ist von hoher Intelligenz, hat ein gutes Urteilsvermögen und starke moralische und ethische Werte. Bei dem Vergehen handelte es sich um einen isolierten Fall des vorübergehenden Verlusts des Urteilsvermögens in einer intimen, kreativen Arbeitssituation (...)."

Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger machte Polanski in einem Interview mit CNN indes wenig Hoffnung, dass er bei ihm auf Gnade hoffen könne. "Ich bin ein großer Bewunderer seiner Arbeit, aber er sollte behandelt werden wie jeder andere auch." Schwarzenegger, der der Einzige ist, der Polanski begnadigen könnte, sagte, er erhalte viele solche Gesuche und würde einem solchen von Polanski keine besondere Beachtung schenken.

In der Schweiz kam am Wochenende eine Diskussion über die Frage auf, ob man Polanski nicht vor seiner Verhaftung hätte warnen können. Ex-Justizminister Christoph Blocher sagte, er hätte das gemacht, wenn er noch im Amt wäre. Damit kritisierte er seine Nachfolgerin Eveline Widmer-Schlumpf. Es gehe nicht an, jemanden zu einer Ehrung für sein Lebenswerk einzuladen und ihn dann zu verhaften, sagte Blocher. Widmer-Schlumpf konterte, eine Warnung wäre rechtlich eine Begünstigung oder Verletzung des Amtsgeheimnisses gewesen.

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