Vergewaltigungen in Bielefelder Klinik:Verschwundene Blutprobe

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Ein Fahrzeug der Polizei steht vor einem Gebäude des Evangelischen Klinikums Bethel, an dem ein Assistenzarzt wohl zum Täter wurde. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

34 Frauen soll ein Assistenzarzt in Bielefeld vergewaltigt haben, im Klinikum hat angeblich niemand etwas gemerkt. Nun hat die Polizei die Büros durchsucht.

Von Benedikt Warmbrunn

Der Assistenzarzt Philipp G. soll zwischen Frühjahr 2019 und April 2020 auf der Neurologie im Klinikum Bethel 34 Frauen betäubt, vergewaltigt und gefilmt haben - Chefarzt, Oberarzt und Klinikleitung aber wollen davon nichts mitbekommen haben. Am Mittwochvormittag haben nun Ermittler mehrere Büros und Geschäftsräume des Bielefelder Klinikums durchsucht und dabei Unterlagen beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt gegen Chefarzt, Oberarzt und Geschäftsführung wegen des Verdachts der Beihilfe zur Vergewaltigung durch Unterlassen. Mehrere Patientinnen berichten, dass sie Ärzte und Schwestern auf Verdachtsmomente hingewiesen hätten.

Die Staatsanwaltschaft teilte am Mittwochnachmittag mit, dass die Personalakte des verstorbenen Assistenzarztes beschlagnahmt worden sei sowie weitere Unterlagen, die im Zusammenhang stünden mit der Arbeit des Assistenzarztes in Bethel sowie der internen Überprüfung möglicher Verdachtsmomente. Nach SZ-Informationen soll es bei der Durchsuchung auch um die Patientenakten gegangen sein. Und um die Frage, wie vollständig diese sind. So soll eine Patientin am Morgen nach der Betäubung um eine Blutprobe gebeten haben, diese sei auch durchgeführt worden; als Privatversicherte habe sie eine entsprechende Abrechnung erhalten. Als die Frau in diesem Januar von der Polizei darüber informiert worden war, dass Philipp G. sie vergewaltigt hatte, hatte sie sich ihre Patientenakte zukommen lassen. In dieser sei die Blutprobe allerdings nicht dokumentiert worden. Das Klinikum, die Polizei und die zuständige Staatsanwaltschaft Duisburg bestätigen die Durchsuchung - allerdings nicht, welche Unterlagen außer der Personalakte von G. beschlagnahmt wurden.

Die Opfer wurden erst spät informiert

Die Ermittlungen hatte zunächst die Staatsanwaltschaft Bielefeld geführt. Bei einer Wohnungsdurchsuchung hatten die Ermittler im April 2020 bei Philipp G. Drogen und Medikamente gefunden, darunter das Betäubungsmittel Propofol. Außerdem fanden sie 80 Dateien, auf denen die Filmaufnahmen der Vergewaltigungen gespeichert waren. G. hatte sich im September 2020 an seinem zweiten Tag in Untersuchungshaft das Leben genommen.

Trotz der Filmaufnahmen hatte die Staatsanwaltschaft Bielefeld keine der Frauen informiert und auch die Ermittlungen gegen andere Angestellte des Klinikums eingestellt. Nach einer Intervention des Justizministeriums von Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Herbst die Staatsanwaltschaft Duisburg die Ermittlungen übernommen und im Januar die Frauen in Kenntnis gesetzt.

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