Venezuela:68 Tote bei Meuterei in Polizeiwache

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Venezuela, Valencia: Polizisten und Angehörige von Gefangenen geraten aneinander. (Foto: dpa)
  • Bei einem Aufstand in einer Polizeiwache im Norden Venezuelas kommen mindestens 68 Menschen ums Leben.
  • Häftlinge nahmen einen ihrer Bewacher als Geisel und legten Feuer.
  • Da viele Gefängnisse in dem Krisenstaat hoffnungslos überfüllt sind, werden Häftlinge zunehmend in den Zellen von Polizeiwachen untergebracht.

68 Menschen sind bei einer Meuterei von Gefangenen in einer Polizeistation in Venezuela ums Leben gekommen. Dies teilten die Behörden des Landes in der Nacht auf Donnerstag mit. Die Meuterei in Valencia, der Hauptstadt des nördlichen Bundesstaates Carabobo, hatte am Mittwoch begonnen, als Häftlinge einen ihrer Bewacher als Geisel nahmen und anschließend Matratzen in Brand setzten, berichtet die Zeitung El Universal. In ersten Medienberichten war von fünf Toten und mehreren Verletzten die Rede gewesen.

Viele der Opfer starben, weil sie Rauch eingeatmet hatten. Die Staatsanwaltschaft habe Ermittlungen zu dem Brand eingeleitet, teilte Generalstaatsanwalt Tarek Saab mit. Unter den Toten seien ersten Informationen zufolge auch zwei Frauen. Sie hatten Verwandte besucht.

Verzweifelte Familienangehörige versammelten sich vor der Polizeistation

In den Haftzellen des Polizeihauptquartiers von Carabobo werden viele Untersuchungshäftlinge untergebracht. "Wir verbürgen uns dafür, dass wir die Ermittlungen vertiefen, um diese schmerzvollen Geschehnisse sofort aufzuklären", schrieb Saab. Verzweifelte Familienangehörige, darunter viele Frauen, versammelten sich vor der Polizeistation. Auf Fernsehbildern waren Polizisten in Kampfausrüstung zu sehen, die die Menschen zurückdrängten. Auch Tränengas sei zum Einsatz gekommen. "Es gab keine Information. Nichts!", sagte eine verzweifelte Frau in einem Bericht des südamerikanischen Nachrichtensenders Senders NTN24. Ihr Sohn war in der Polizeistation.

Die Nichtregierungsorganisation "Una Ventana de Libertad" ( deutsch: Ein Fenster der Freiheit) machte Schlamperei und Nachlässigkeit beim zuständigen Ministerium für Justizvollzug verantwortlich für die Geschehnisse. "Was heute in Carabobo passierte, ist ein Beispiel dafür, was wir in ganz Venezuela erleben", sagte ein Sprecher. Die Haftbedingungen für Untersuchungshäftlinge seien seit langem in der Kritik.

Polizeistationen seien hoffnungslos überfüllt. Wegen der Überbelegung der Gefängnisse werden Häftlinge zunehmend in den Zellen von Polizeiwachen untergebracht. Dort dürfen sie laut Gesetz eigentlich nicht länger als 48 Stunden bleiben, diese Regel wird jedoch vielfach nicht eingehalten. Das Ministerium habe vor Jahren versprochen, eigene Haftanstalten für Untersuchungshäftlinge zu errichten, bislang sei aber keine einzige fertiggestellt worden.

© SZ.de/dpa/afp/ick - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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