Rom:Menschliche Knochen auf Grundstück des Vatikan entdeckt

Knochenfund in Vatikan-Gebäude

Ein Polizist bewacht den Eingang der Apostolischen Nuntiatur, der diplomatischen Vertretung des Vatikan in Rom.

(Foto: dpa)
  • In einem Gebäude des Vatikan in Rom sind menschliche Knochen entdeckt worden.
  • Obwohl noch unklar ist, zu wem die Knochen gehörten, stellen italienische Medien die Verbindung zu einem ungelösten Vermisstenfall aus den 80er Jahren her.
  • Die italienische Spurensicherung untersuche die Funde, um Alter, Geschlecht und Todeszeitpunkt festzustellen, teilte der Vatikan mit.

Bei Restaurierungsarbeiten in einem Nebengebäude der diplomatischen Vertretung des Vatikan in Rom sind Teile menschlicher Knochen gefunden worden - das teilte der Vatikan selbst mit. Informationen der Zeitung La Repubblica zufolge handelt es sich bei dem Fund um ein fast vollständiges Skelett sowie Knochenfragmente, die von den Bauarbeitern entdeckt wurden. Der Fund nährt nun Hoffnungen, zwei 35 Jahre alte Kriminalfälle aufzuklären. Per Genanalyse wollen die Ermittler herausfinden, ob es sich um Überreste der 1983 in Rom verschwundenen Mädchen Emanuela Orlandi und Mirella Gregori handelt.

Vor allem um Orlandis Verschwinden ranken sich seit Jahrzehnten zahlreiche Spekulationen: Unter anderem wurde gemutmaßt, die Mafia, der Geheimdienst oder Organisationen, die den Papst töten wollten, könnten dahinterstecken. Die 15-jährige Tochter eines Vatikanpolizisten kam am 22. Juni 1983 nach dem Musikunterricht nicht nach Hause zurück. Eine der Hypothesen lautet, dass sie von Mitgliedern einer Verbrecherorganisationen entführt wurde, um Druck auf Vatikanverantwortliche auszuüben, geliehenes Geld zurückzuzahlen. Einer anderen Theorie zufolge wurde Emanuela entführt, um eine Freilassung des Türken Mehmet Ali Agca zu erzwingen, der 1981 ein Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübt hatte.

Emanuelas Bruder Pietro dringt seit Jahren auf weitere Ermittlungen zum Schicksal seiner Schwester und wirft dem Vatikan Vertuschungsversuche vor. Der Vatikan versicherte immer wieder, mit den Ermittlern eng zusammenzuarbeiten. Die Anwältin der Familie, Laura Sgro, forderte Staatsanwaltschaft und Vatikan am Mittwoch auf, weitere Angaben zu den Knochenfunden zu machen. Es müsse mitgeteilt werden, wie diese entdeckt worden seien und warum sie mit dem Verschwinden von Orlandi und Gregori in Verbindung gebracht würden.

Die bisher vom Vatikan verbreitete Erklärung liefere "kaum Informationen" dazu, kritisierte sie. Die Familie werde sich nicht äußern, solange es keine DNA-Tests gegeben habe. In seiner Erklärung hatte der Vatikan die Namen der beiden vermissten Jugendlichen nicht erwähnt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die italienische Polizei einer möglichen Spur zu Orlandis Leiche nachgeht. 2012 öffneten Forensiker das Grab eines berüchtigten Kriminellen in einer Kirche des Vatikan. Sie bargen 400 Kisten mit Knochen. DNA-Tests brachten jedoch keine Übereinstimmung. Auch verschiedene Hinweise von Bürgern, die Orlandi in den zurückliegenden Jahren lebend gesehen haben wollten, stellten sich als falsch heraus. Orlandi wäre inzwischen 50 Jahre alt.

Mirella Gregori war 40 Tage vor Orlandi verschwunden. Nach Angaben ihrer Mutter hatte die 16-Jährige ihren Eltern nach einem Gespräch über die Gegensprechanlage gesagt, ein Schulfreund wolle sie kurz sprechen, sie gehe nur schnell nach draußen. Sie kam nie wieder.

Die italienische Spurensicherung untersuche jetzt die Knochenfunde, um Alter, Geschlecht und Todeszeitpunkt festzustellen, teilte der Vatikan mit. Die Ermittler schließen einen Zusammenhang zwischen den beiden Vermisstenfällen nicht aus.

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Eva Gäbl ist Kommissarin bei der Soko Altfälle im Polizeipräsidium München.

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