Süddeutsche Zeitung

Vatikan:Katholische Kirche ändert Haltung zur Todesstrafe

  • Papst Franziskus hat eine Passage im Katechismus geändert.
  • Dort heißt es nun, dass "die Todesstrafe unzulässig" ist, weil sie "gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt".

Bis jetzt besaß die Todesstrafe noch eine Legitimation in der katholischen Lehre. Papst Franziskus hat dies nun für beendet erklärt. Die Todesstrafe sei "unzulässig, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt", heißt es in der neu formulierten Passage des Katechismus, der Grundfragen der Glaubenauslegung klärt. Am Donnerstag veröffentlichte der Vatikan die neu formulierte Passage. In Artikel 2267 des Glaubens-Handbuches heißt es nun, die Kirche setze sich "mit Entschiedenheit" für die Abschaffung der Todesstrafe auf der ganzen Welt ein, denn diese stehe im Widerspruch zum Evangelium.

Bislang wurde die Todesstrafe in der katholischen Kirche "als eine angemessene Antwort auf die Schwere einiger Verbrechen und als ein annehmbares, wenn auch extremes Mittel zur Wahrung des Gemeinwohls" angesehen. In früheren Jahrhunderten hatten Päpste als Oberhäupter des Kirchenstaats ein ihrer Zeit entsprechendes, unbefangenes Verhältnis zur Todesstrafe. Bis ins 19. Jahrhundert beschäftigten sie Scharfrichter; die letzte Exekution im Staat Vatikanstadt fand 1868 statt. Ein deutliches Abrücken erfolgte aber erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, als Papst Paul VI. 1969 die Todesstrafe im Kirchenstaat abschaffte. 1975 verwandte er sich für fünf spanische Terroristen und versuchte, Diktator Francisco Franco zu einer Umwandlung des Todesurteils zu bewegen; jedoch vergeblich.

Bei den Vorgängern von Papst Franziskus hatte sich bereits ein Kurswechsel angedeutet. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. bezeichneten die Anwendung der Todesstrafe als unnötig und traten für ihre allgemeine Abschaffung ein. In der in weiten Teilen überarbeiteten Ausgabe des Katechismus aus dem Jahr 1992 erkannte die Kirche das Recht und die Pflicht der Staatsgewalt an, "der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen". Bereits 1994 begannen die Glaubenslehrer mit einer Revision dieses Artikels.

Die Überarbeitung aus dem Jahr 1997 hat die Wiedergutmachung und die Resozialisierung des Täters in den Vordergrund gerückt und bindet die Anwendung der Todesstrafe an enge Vorgaben: Demnach muss "die Identität und die Verantwortung des Schuldigen mit ganzer Sicherheit feststehen"; außerdem schließt "die überlieferte Lehre der Kirche" die Todesstrafe nur dann nicht aus, "wenn dies der einzig gangbare Weg wäre, um das Leben von Menschen wirksam gegen einen ungerechten Angreifer zu verteidigen", heißt es darin.

Seine prinzipielle Ablehnung für die Todesstrafe bekundete der im Jahr 2013 gewählte Papst Franziskus im März 2015 mit einem Brief an die Internationale Kommission gegen die Todesstrafe. Darin betont er die generelle Unverfügbarkeit des Lebens; auch ein Mörder verliere nicht seine Personenwürde. Die Tötung eines Menschen sei einzig dann zu rechtfertigen, wenn sie die Folge einer legitimen Verteidigung gegen einen Angreifer sei - das treffe auf die Hinrichtung eines Gefangenen in keinem Fall zu. Auch verfüge die Justiz inzwischen über wirksamere Haftsysteme, die sowohl die Sicherheit der Bürger garantierten als auch dem Täter eine Möglichkeit zur Besserung ließen, heißt es in der Begründung.

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