Neuer Vatileaks-Skandal:Franziskus und die Wölfe

Neuer Vatileaks-Skandal: Traditionalisten und verhinderte Aufsteiger gehören zu den kircheninternen Gegnern des Papstes.

Traditionalisten und verhinderte Aufsteiger gehören zu den kircheninternen Gegnern des Papstes.

(Foto: AP)
  • Schaden die neuesten Enthüllungen wirklich dem Papst, wie es der Vatikan vorgibt?
  • Die jüngste "Vatileaks"-Fortsetzung führt eher Franziskus' reformscheue Gegner vor.
  • Trotzdem wird für den Pontifex ausgerechnet seine Beliebtheit im Volk zunehmend zum Dilemma.

Von Oliver Meiler

Streifen Schlangen durch den Vatikan? Wollen sie dem Papst Böses? Oder ist am Ende alles ganz anders? Der Vatikan bot über Jahrhunderte hinweg oftmals eine barocke Bühne für Intrigen und Skandale, echte und herbeigeredete. "Enthüllungen" aus dem Vatikan, wie sie den Kirchenstaat nun wieder bewegen, versprechen stets spannenden Stoff.

Er bedient im Publikum draußen, im zugeneigten wie im fernen, immer auch einen gewissen Voyeurismus. Vor allem dann, wenn dieser Stoff von weltlichen Trieben handelt wie jetzt wieder: vom sorglosen oder prasserischen Umgang von hohen Kirchenmännern mit dem anvertrauten Geld.

Franziskus, der mutige Kämpfer

Heimliche Gesprächsmitschnitte nähren die Fortsetzung der "Vatileaks". Der Vatikan sagt, die Enthüllungen schadeten dem Papst. Aber tun sie das wirklich? Seinem Ansehen sind sie eher zuträglich. In beiden Büchern, die nun mit viel Trommelwirbel auf den Markt kommen, steht Franziskus nämlich wie ein mutiger Kämpfer da. Wie ein Reformer wider alle Konservativismen, der die Kurie aufräumen, ihr Disziplin und Transparenz verordnen möchte.

Die römische Kurie wiederum, die Regierung der Kirche also, erscheint darin wie eine trotzige Pfründenverwalterin, die lieber im Trüben und mit dubioser Buchführung weiterwirtschaften möchte.

Ja zum Papst, Nein zur Kirche

Es kommt dabei ein holzschnittartiges Bild heraus. Und dieses Bild deckt sich mit der gegenwärtigen Außenwahrnehmung der katholischen Kirche, wie sie auch in Umfragen gespiegelt wird. Nie in den vergangenen Jahrzehnten war ein Papst so populär, wie es Franziskus ist, dieser "Pontifex aus dem Süden", dieser "Oberhirte der Armen", während gleichzeitig das Vertrauen in die Kirche als Institution auf so bescheidenem Niveau dümpelt.

Unlängst publizierte die Zeitung La Repubblica eine Studie, laut der mehr als 80 Prozent der Italiener dem Papst vertrauten, während die Quote bei der Kirche als Ganzes bei nur 47 Prozent lag. So groß war die Diskrepanz zwischen den beiden Werten zuletzt nie gewesen.

Die Widersacher des Pontifex

Die neuesten Enthüllungen werden diese Polarisierung noch verstärken und die Konfrontation des Papstes mit seinen internen Kritikern und Feinden womöglich weiter verschärfen. Unter den Widersachern von Papst Franziskus finden sich hochrangige Traditionalisten, die ihm vorwerfen, populistisch und burschikos wie ein Landpfarrer mit der hehren, alten Kirchenlehre umzuspringen. Diese Gegnerschaft ist zahlreich und lautstark.

Und dann gibt es ein loses Lager verhinderter Aufsteiger, deren Karrieren im Zug der Kurienreform endeten, samt Privilegien.

Ein paradoxes Dilemma

Da kommt viel zusammen, viel Frust und Unmut. Es hat mittlerweile gar den Anschein, als ob der Wind, der sich im Innern der Kirche gegen Papst Franziskus regt, umso stärker wird, je mehr seine Beliebtheit im Volk wächst. Das klingt wie ein Paradox und mutiert gerade zum großen Dilemma - für alle, für vermeintliche Schlangen wie für vermeintliche Freunde.

Die Reformen, die der Papst anstrebt, bleiben unterdessen eine Utopie.

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