KanadaElf Tote nach Fahrt in Menschenmenge in Vancouver – bislang keine Hinweise auf Terrorismus

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Die Polizei von Vancouver sichert den Tatort.
Die Polizei von Vancouver sichert den Tatort. (Foto: Rich Lam/The Canadian Press/AP)

Im kanadischen Vancouver ist ein polizeibekannter Mann in ein Straßenfest gefahren, neben den Toten gibt es etliche Verletzte. Der 30-jährige Fahrer befindet sich in Gewahrsam. Die Polizei geht nicht von einer Terrortat aus.

Nachdem ein Mann mit einem SUV am Samstagabend (Ortszeit) in Vancouver bei einem Straßenfest in eine Menschenmenge gefahren ist, ist die Zahl der Opfer auf elf angestiegen. Dutzende Menschen seien zudem verletzt worden, einige schwer, sagte Steve Rai von der Polizei in Vancouver bei einer Pressekonferenz. „Die Zahl der Toten könnte in den kommenden Tagen und Wochen noch ansteigen.“ Zuvor hatte die Polizei von neun Toten gesprochen. Darunter seien auch „junge Menschen“, es handele sich um Männer und Frauen, sagte Rai. „Dies ist der dunkelste Tag in der Geschichte unsere Stadt.“

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Der verdächtige 30-Jährige, der den Angaben zufolge alleine in dem Auto saß und nach dem Vorfall festgenommen worden war, sei nach wie vor in Untersuchungshaft. Er lebe in Vancouver, das Auto gehöre „jemanden in Zusammenhang mit der Familie“. Sowohl die Polizei als auch Einrichtungen für psychische Gesundheit in der Stadt hätten in der Vergangenheit schon mehrfach mit ihm zu tun gehabt. Von einem Terrorakt geht die Polizei nicht aus. Es habe vor dem Straßenfest keine Drohungen oder Ähnliches gegeben.

Bei dem Fest handelt es sich laut Medienberichten um das sogenannte Lapu-Lapu-Festival, das als großes philippinisches Fest gilt und jährlich stattfindet. Lapu Lapu ist ein philippinischer Nationalheld. Er verhinderte 1521 die Kolonialisierung des Archipels. Seit 2023 ist der 27. April in der kanadischen Provinz British Columbia offiziell der Lapu-Lapu-Tag. Augenzeugen berichteten zuvor von einem fröhlichen Straßenfest mit Tausenden Besuchern.

Ein Augenzeuge sagte dem Sender CTV News, ihm sei ein schwarzes Fahrzeug aufgefallen, das kurz vor dem Unglück in der Nähe des Festes auffällig herumgefahren sei. Ein Radiosender berichtete unter Berufung auf einen Augenzeugen, plötzlich seien Schreie zu hören gewesen, als ein Geländewagen durch die Menge gefahren sei und mehr als ein Dutzend Menschen angefahren habe. In lokalen Medien schilderten Zeugen eine grausame Szene der Verwüstung.  Der Fahrer soll versucht haben, zu Fuß zu fliehen. Er sei aber von mehreren Personen festgehalten worden.

Erinnerungen an ähnliche Vorfälle

Die Szenen wecken Erinnerungen an mehrere Anschläge in jüngster Zeit. So wurden im Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sechs Menschen mit einem Auto getötet. Mitte Februar fuhr ein junger Mann aus Afghanistan in München in eine Gruppe von Demonstranten, ein zweijähriges Mädchen und seine Mutter starben an den Folgen. In Mannheim wurden Anfang März zwei Menschen getötet, als ein 40 Jahre alter Deutscher mit seinem Wagen durch die Fußgängerzone raste.

In der US-Stadt New Orleans kamen am Neujahrsmorgen 14 Menschen ums Leben, als ein Mann mit einem Pick-up-Truck in eine Menschenmenge im Ausgehviertel French Quarter fuhr. Der Täter, ein US-Bürger, starb bei einem Schusswechsel mit der Polizei. In seinem Wagen wurde eine schwarze Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat entdeckt.

In Nizza war im Jahr 2016 ein Tunesier auf einer Flaniermeile am französischen Nationalfeiertag mit einem tonnenschweren Lastwagen in eine Menschenmenge gerast und hatte auch auf Menschen geschossen – es gab 86 Todesopfer und mehr als 200 Verletzte.

Bei Stadtfesten werden die Straßen sonst mit Lastwagen versperrt – das war diesmal nicht der Fall

Der Bürgermeister von Vancouver, Ken Sim, zeigte sich angesichts der aktuellen Bilder aus seiner Stadt schockiert: „Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen und bei der philippinischen Gemeinschaft in Vancouver in dieser unglaublich schwierigen Zeit.“ Lokalpolitiker sagten dem Fernsehsender CityNews Vancouver, einen ähnlichen Vorfall habe es hier noch nie gegeben. In der Stadt an der Westküste Kanadas leben rund 700 000 Menschen.

Premierminister Mark Carney schrieb auf X. „Ich bin erschüttert über die schrecklichen Ereignisse auf dem Lapu-Lapu-Festival in Vancouver heute Abend.“ Er sprach den Angehörigen der Getöteten und Verletzten, der philippinisch-kanadischen Gemeinschaft und allen Menschen in Vancouver sein tiefstes Beileid aus. „Wir alle trauern mit Ihnen.“ Er bedankte sich zudem bei den Ersthelfern für ihr schnelles Handeln. Die Situation werde weiter genau beobachtet, schrieb Carney.

Auch der Chef der Konservativen, Pierre Poilievre, äußerte sich auf X: „Meine Gedanken sind bei der philippinischen Gemeinschaft und allen Opfern dieses sinnlosen Angriffs.“ Auch er dankte den Ersthelfern, „während wir auf weitere Informationen warten.“

Die Organisatoren des Festes schrieben auf Instagram: „Uns fehlen immer noch die Worte, um den tiefen Kummer auszudrücken, den diese sinnlose Tragödie ausgelöst hat.“ Zwei Mitglieder des regierenden Stadtrates sagten der Vancouver Sun, normalerweise würden bei Stadtfesten die verkehrsberuhigten Straßen mit Lastwagen versperrt. Das sei diesmal nicht passiert – warum, blieb zunächst unklar. Am Montag finden in Kanada die Parlamentswahlen statt.

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