Valérie Trierweiler über Hollande:Wie konntest du nur?

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François Hollande und Valerie Trierweiler im Oktober 2013 bei einem Staatsbesuch in Südafrika. Kurz darauf trennte sich das Paar. (Foto: FRED DUFOUR/AFP)

Die Journalistin Valérie Trierweiler verarbeitet das Ende ihrer Beziehung zu Frankreichs Präsident François Hollande in einem Buch. Er kommt gar nicht gut weg.

Von Christian Wernicke, Paris

Doch, es hätte noch schlimmer kommen können für den Präsidenten. "Wenigstens gibt das Buch keine Staatsgeheimnisse preis", tröstet sich am Mittwochmittag ein Berater im Élysée. Nur, was Valérie Trierweiler - Frankreichs im Januar aus dem Palast verstoßene Première Dame - ansonsten so ausbreitet in ihren Memoiren über François Hollande, das ist schlimm genug. Verheerend sogar. Trierweiler beschreibt Hollande, der selbst gerne den "normalen Präsidenten" der Republik gibt, als kühlen Taktiker, als kalten Einzelgänger. Und als Lügner.

"Ich breche zusammen, ich kann's nicht hören"

Der voyeuristische Höhepunkt der Einblicke, die Trierweilers Buch gewährt, ist zweifelsohne die Schilderung des 9. Januar 2014. Am Nachmittag jenes trüben Donnerstags erfährt die 49-jährige Präsidenten-Gefährtin, dass die Gerüchte stimmen, die sie seit Monaten nicht glauben will: Ihr François hat ein Verhältnis mit der Schauspielerin Julie Gayet. Am nächsten Morgen wird das Klatschmagazin Closer Frankreichs Staatsoberhaupt als behelmten Liebhaber auf einem Scooter vor aller Welt lächerlich machen.

Trierweiler trifft der Schlag im Schlafzimmer des Élysée. "Ich breche zusammen, ich kann's nicht hören", schreibt sie, "ich renne ins Badezimmer. Ich greife nach dem kleinen Plastikbeutel mit den Schlaftabletten." Hollande sei ihr gefolgt, berichtet Trierweiler weiter, und weil im Gerangel der Beutel reißt, kullern die Pillen auf Boden und Bett. Sie greift zu: "Ich schlucke was ich kann. Ich will schlafen, ich will die nächsten Stunden nicht erleben. Ich spüre den Sturm, der mich umreißen wird, und ich habe keine Kraft, dem standzuhalten."

Der Palast teilt damals mit, Trierweiler sei "erschöpft" ins Krankenhaus gebracht worden. Zwei Wochen danach trennt sich Hollande von ihr, ebenfalls per Kommuniqué: "Ich lasse wissen . . ."

"Merci pour le moment" ("Danke für die Zeit") hat Trierweiler ihre 320 Seiten lange Bilanz von neun Jahren an Hollandes Seite betitelt. Im Werbetext für ihr Werk (Startauflage 200 000 Exemplare, bisheriges Honorar 100 000 Euro) versichert die gelernte Journalistin, jedes Wort sei wahr. Denn: "Ich habe zu sehr unter Lügen gelitten, als dass ich selbst welche verbreiten würde." Auch das zielt auf den Präsidenten ab. Denn selbst nachdem Hollande seinen Seitensprung gestanden hatte, habe er die ganze Wahrheit nur scheibchenweise herausgerückt. Auf ihre Frage, wie lange der Betrug schon währte, habe er "erst drei, dann sechs, dann neun Monate" eingeräumt: "Am Ende war es ein Jahr."

Trierweilers gefühlige Abrechnung unterhält seit diesem Mittwoch die Nation. Getreue Sozialisten leisten zwar reihenweise Schwüre, sie würden das Buch nie lesen. Und auf der Straße beteuern Bürger, das alles sei "Privatsache, nicht Politik". Aber reden über das, was man bisher weiß, das tun doch alle. Das Buch erscheint erst am Donnerstag, aber Paris Match präsentierte bereits tags zuvor Auszüge. Und das Magazin, bei dem Trierweiler selbst bis heute arbeitet, inszeniert seinen Coup als Zeugnis einer zutiefst verletzten Frau, deren Liebe an Politik und Palast gescheitert sei.

"Mein Leben mit François": Paris Match zitierte am Mittwoch exklusiv erste Auszüge aus Trierweilers Buch. (Foto: Jacques Brinon/AP)

Als sie sich 2005 kennenlernen, so erinnert sich Trierweiler, da hätten sie sich angezogen gefühlt "wie in einem elektromagnetischen Feld". Reines Glück. Doch das sei vergangen, als Hollande 2011 sozialistischer Spitzenkandidat und 2012 dann Präsident wird. Berater umringen ihn, grenzen sie aus. Trierweiler macht Fehler. Ihre brennende Eifersucht auf Ségolène Royal, die Spitzenpolitikerin und Mutter von Hollandes vier Kindern, schürt in der Tochter aus armem Hause die Wahrnehmung, sie sei "illegitim" und werde nur geduldet.

Und Hollande? Habe ihr kaum geholfen. "Er ist kalt. Er lacht nicht. Ich diene ihm, sich ins rechte Licht zu rücken." Als sie sich im Bad für ein Staatsdiner schminkt, verliert der Präsident die Geduld: "Brauchst du so viel Zeit, um schön zu sein?" - "Ja, ein bisschen." - "Na ja, von dir wird ja auch nichts anderes verlangt." An anderer Stelle leuchtet Trierweiler aus, wieso Hollande, ein häufig unterschätzter Machtpolitiker, es so weit bringen konnte: Als der Sozialist mitten in der Nacht erfährt, dass sein sozialistischer Rivale Dominique Strauss-Kahn in New York wegen mutmaßlicher Vergewaltigung eines Zimmermädchens verhaftet wurde, sei Hollande "mental sofort zum nächsten Schlag" übergegangen - und habe überlegt, dass dies einer innerparteilichen Rivalin nützen könne.

Selbst die Anekdoten, die Trierweiler von der Zeit nach der Trennung enthüllt, trüben das Bild des Präsidenten. Noch in diesem Juni habe Hollande versucht, sie zwischen zwei Staatsterminen (erst Obama, dann Putin) per SMS zurückzulocken. "Er redet von Liebe", berichtet sie, "aber glaubt er, was er da schreibt? Oder bin ich nur die letzte Laune eines Mannes, der nicht verlieren kann?" Und weiter: "Er sagt mir, er werde mich wieder gewinnen - als wäre ich eine Wahl."

© SZ vom 04.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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