USA:So sollen sich Dreijährige in den USA bei Amokläufen schützen

Als eine Mutter aus den USA erfährt, warum ihre Tochter im Kindergarten auf den Toilettensitz steigen musste, ist sie schockiert. Sie postet das Bild auf Facebook - und befeuert damit die landesweite Debatte über Waffen.

Stacey Wehrmann Feeley, eine Mutter aus dem US-Bundesstaat Michigan, wollte ursprünglich nur ein Foto ihrer dreijährigen Tochter auf Facebook posten: Ein kleines Mädchen, das mit dem Füßen auf einem Toilettensitz steht, geknipst im Kindergarten. Niedlich, guck mal, was die Kleine da macht, so ungefähr wollte sie es ihrem Mann und ihren Freunden schreiben.

Doch als Feeley erfahren habe, was auf dem Foto wirklich zu sehen ist, sei sie geschockt gewesen, schreibt sie auf Facebook. Es ist eine Übung, bei der die Vorschulkinder für den Ernstfall trainieren - einen Amoklauf. Sie steigen auf die Toilettensitze, damit ein möglicherweise bewaffneter Schütze sie nicht sehen kann.

Feeley postete das Bild trotzdem - verbunden mit einem eindringlichen Appell an die Politik in den Vereinigten Staaten. Es sind fast 3500 Zeichen Unverständnis, Wut, Verzweiflung über die Untätigkeit der Verantwortlichen.

"Niemand glaubt, dass Kontrolle über die Waffenbesitzer 100 Prozent Kontrolle über Kriminalität bedeutet. Aber vielleicht, bedeutet es ein, zwei oder 50 Prozent Kontrolle? Woher sollen wir es wissen, wenn wir es nicht versucht haben?", schreibt Feeley.

Der Zweite Zusatzartikel der US-Verfassung, in dem das Recht auf Waffenbesitz festgelegt ist, sei "ein Biest", das es zu bekämpfen gelte. Schließlich sei die Verfassung eigentlich ein "lebendes Dokument", dass sich evolutionär weiterentwickeln müsse. Schließlich seien die Sklaverei und das Wahlrecht nur für Männer auch einmal Teil der Verfassung gewesen.

Petitionen zu unterschreiben und Unterstützung zu suchen, damit die eigene Stimme gehört werde sei gut, aber jetzt müsse gehandelt werden, schreibt Feeley. Sie schließt mit den Worten: "Ich tue nicht so, als hätte ich sämtliche Antworten, aber wenn Ihr nicht wollt, dass eure Kinder auf Toilettensitzen stehen, müssen wir etwas tun".

Sitzstreik der Demokraten im Repräsentantenhaus

Nach dem Attentat von Orlando, als in einem Gay-Club 49 Menschen erschossen wurden, ist die Debatte über eine Verschärfung der US-Waffengesetzte neu entbrannt. Debattiert wird vor allem, ob Menschen, die auf der Anti-Terror-Liste stehen, vom Waffenkauf ausgeschlossen werden soll und ob der persönliche Hintergrund jedes Waffenkäufers strenger überprüft werden soll.

Eine Gruppe demokratischer Abgeordneter im US-Repräsentanten will mit einem Sitzstreik eine Abstimmung darüber erzwingen. Die Parlamentarier setzten sich in die Mitte des Saals und versuchen so die Beratung über andere Themen zu blockieren. Die Gruppe erhält Unterstützung von Hunderten Aktivisten vor dem Kapitol.

Das Repräsentantenhaus geht am Freitag in eine einwöchige Pause, davor stehen allerdinsg noch einige Beschlüsse auf der Tagesordnung. Paul Ryan, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, sträubt sich dagegen, dass sich das Parlament mit den Waffengesetzen befasst. Er hätte theoretisch die Möglichkeit den Sitzstreik durch den Sicherheitsdienst beenden zu lassen - dies wäre allerdings selbst für das zerstrittene Washington ein inakzeptables Signal.

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