Tod eines Afroamerikaners:"Mein Sohn wurde gefoltert"

Tod eines Afroamerikaners: Caroline Ouko, Mutter von Irvo Otieno, hält ein Porträt ihres Sohnes. Er starb in einer psychiatrischen Klinik in Virginia.

Caroline Ouko, Mutter von Irvo Otieno, hält ein Porträt ihres Sohnes. Er starb in einer psychiatrischen Klinik in Virginia.

(Foto: Daniel Sangjib Min/dpa)

In einer psychiatrischen Klinik im US-Bundesstaat Virginia starb vor anderthalb Wochen ein 28-Jähriger. Sieben Polizisten sollen ihn elf Minuten lang zu Boden gedrückt haben. Die Familie erhebt schwere Vorwürfe.

Anderthalb Wochen nach dem brutalen Tod eines 28-jährigen Afroamerikaners in einer psychiatrischen Klinik im US-Bundesstaat Virginia haben seine Angehörigen schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. "Mein Sohn wurde wie ein Hund behandelt, schlimmer als ein Hund", zitierten US-Medien die Mutter des Opfers, Caroline Ouko. "Mein Sohn wurde gefoltert." Zuvor sah sie sich mit weiteren Familienangehörigen ein Überwachungsvideo an, das nach Angaben der Staatsanwaltschaft zeigt, wie Polizeibeamte Irvo Otieno ersticken. Das Video wurde nicht für die Öffentlichkeit freigegeben.

Otieno war am 6. März in einer staatlichen Psychiatrie-Einrichtung während des Aufnahmeprozesses ums Leben gekommen, nachdem er aus einem Gefängnis dorthin verlegt worden war, wie die Staatsanwältin Ann Cabell Baskervill mitteilte. Otieno habe Hand- und Fußfesseln getragen und sei von den sieben Polizisten elf Minuten am Boden gehalten worden. "Er starb an Erstickung, weil er erdrückt wurde." Baskervill sagte laut CNN, das Überwachungsvideo sei "extrem klar" und "extrem alarmierend". Die Polizisten und drei Krankenhaus-Mitarbeiter seien wegen second-degree murder, Totschlags, angeklagt.

Bürgerrechtsanwalt Ben Crump, der bereits die Familie des bei einem Polizeieinsatz getöteten Afroamerikaners George Floyd rechtlich unterstützt hatte, sagte laut CNN, das Video zeige, wie unmenschlich Strafverfolgungsbeamte Menschen, die eine psychische Krise hätten, behandelten: Als Kriminelle anstatt als Menschen, die Hilfe brauchten. Otieno habe keine Bedrohung dargestellt. "Er ist ihnen gegenüber nicht gewalttätig oder aggressiv." Man könne sehen, wie er bewusstlos zu sein scheine, aber dennoch "brutal mit einem Knie an seinem Hals", fixiert werde. Crump verglich die Szenen im Video mit dem Tod von George Floyd, der im Mai 2020 von Polizeibeamten in Minneapolis mit Handschellen gefesselt, auf den Boden gedrückt und festgehalten wurde.

Zwei Anwälte von Otienos Familie forderten laut Washington Post das Justizministerium auf, den Vorfall zu untersuchen. Otienos Mutter sagte, ihr Sohn, der Hip-Hop-Musiker habe werden wollen, sei psychisch krank gewesen. Er habe auch psychische Probleme gehabt, als er am 3. März in Gewahrsam genommen worden sei - wegen eines mutmaßlichen Einbruchs. Drei Tage später sei er in die Klinik eingeliefert worden. Dort sei er Polizeiangaben zufolge "kämpferisch" geworden und sei zurückgehalten worden.

In den USA kommt es regelmäßig zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art. Stellvertretend steht dafür der Fall von George Floyd: Im Mai 2020 war der Afroamerikaner bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Seitdem gibt es immer wieder Bestürzung über ähnliche Fälle.

Zur SZ-Startseite
Reverend Al Sharpton wird die Trauerrede für Tyre Nichols halten. "Wir sind gegen jede Art von Polizeibrutalität - nicht nur gegen weiße Polizeibrutalität", sagte der Menschenrechtler nach dessen Tod.

SZ PlusMemphis, USA
:"Diese Polizisten sollten ihre Taten nicht hinter ihrem Schwarzsein verstecken können"

Das Risiko, von Polizisten getötet zu werden, ist für Schwarze in den USA viel höher als für Weiße. Dass die Täter diesmal selbst schwarz sind, macht den Fall für die Bürgerrechtsbewegung noch ungeheuerlicher.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: