USA:Mann trotz Zweifel an seiner Schuld hingerichtet

Lesezeit: 2 Min.

Das Bild aus dem Jahr 2023 zeigt den verurteilten Marcellus Williams. (Foto: AP/AP)

Selbst die Staatsanwaltschaft und die Hinterbliebenen des Opfers wollten die Hinrichtung von Marcellus Williams verhindern. Ein DNA-Test hatte Fragen aufgeworfen, zudem gab es Rassismus-Vorwürfe gegen die Ermittler.

Trotz erheblicher Zweifel an seiner Schuld ist im US-Bundesstaat Missouri ein 55-jähriger Mann wegen Mordes hingerichtet worden. Am Dienstag (Ortszeit) wurde dem Mann eine Giftspritze verabreicht. Zuvor hatten seine Anwälte, die Hinterbliebenen des Opfers sowie viele Protestierende vor der Haftanstalt in Missouri versucht, die Exekution zu verhindern. Auch die Staatsanwaltschaft hatte sich dafür eingesetzt, die Todesstrafe in eine lebenslange Haftstrafe umzuwandeln.

Bei dem hingerichteten Mann handelt es sich um Marcellus Williams, einen Afroamerikaner, der 2001 wegen Mordes an der Reporterin Felicia Gayle verurteilt wurde. Williams hatte die Tat stets bestritten. Bereits zwei Mal wurde seine Hinrichtung verschoben.

Nach Angaben des Informationszentrums für Todesstrafe wurden in den USA in diesem Jahr bisher 15 Menschen hingerichtet – die Hinrichtung in Missouri mitgezählt. Im vergangenen Jahr waren es demnach 24. Bislang haben 23 der 50 US-Bundesstaaten die Todesstrafe abgeschafft. In mehreren anderen Bundesstaaten wird sie de facto nicht mehr vollstreckt.

An der Schuld von Williams hatte es zuletzt erhebliche Zweifel gegeben. Die Verteidigung wirft dem Gericht vor, sich beim Urteil auf zwei unzuverlässige Zeugen zu stützen. Williams’ Anwälte sowie die Staatsanwaltschaft weisen außerdem auf Fehler bei der Beweissicherung hin: Auf der mutmaßlichen Tatwaffe, einem Messer, seien DNA-Spuren eines Staatsanwalts und eines Ermittlers gefunden worden, die keine Handschuhe getragen haben sollen. Auf einem verunreinigten Gegenstand sei es unmöglich festzustellen, ob sich Williams’ DNA jemals auf dem Messer befunden haben soll. Ein neuerlicher DNA-Test solle der Staatsanwaltschaft zufolge Williams als Täter sogar ausschließen. Ein Antrag, diesen DNA-Test vor Gericht prüfen zu lassen, wurde jedoch vergangene Woche abgelehnt.

Wenige Stunden vor der Hinrichtung hatte der Supreme Court eine Aufschiebung abgelehnt

Die Anwälte des Hingerichteten warfen der Staatsanwaltschaft zudem Rassismus und Voreingenommenheit vor. Ein Staatsanwalt gab der Verteidigung zufolge im August 2024 zu, beim Prozess gegen Williams ein mögliches Jury-Mitglied wegen dessen Hautfarbe abgelehnt zu haben. Der Mann soll demnach ebenso wie Williams Afroamerikaner gewesen sein. Der Staatsanwalt soll gesagt haben, die beiden würden „wie Brüder aussehen“.

Im August legte die Staatsanwaltschaft bei der Generalstaatsanwaltschaft des Staates eine mutmaßliche Einigung mit Williams vor. Demnach soll Williams bereit gewesen sein, sich des Mordes schuldig zu bekennen und dafür eine lebenslange Haftstrafe zu akzeptieren.

Die Anträge wurden jedoch allesamt abgelehnt. Das höchste Gericht im Bundesstaat Missouri begründete, es sei der Verteidigung nicht gelungen, überzeugende Beweise für die Unschuld von Williams vorzulegen. Auch für Fehler im Verfahren gebe es keine Hinweise. Außerdem seien bei Williams persönliche Gegenstände des Opfers gefunden worden. Auch Mike Parson, der Gouverneur von Missouri, weigerte sich, die Hinrichtung zu verhindern – was er laut Verfassung hätte tun dürfen. Zuletzt hatten sich die Anwälte von Williams per Eilantrag an den Obersten US-Gerichtshof gewendet, um die Hinrichtung aufzuschieben. Dieser Antrag wurde am Dienstag (Ortszeit) abgelehnt.

Nach der Entscheidung des Supreme Courts sagte eine Anwältin von Williams zu CNN: „Heute Abend wird Missouri einen unschuldigen Mann hinrichten, und zwar, obwohl der Staatsanwalt seine Hinrichtung nicht will, die Geschworenen, die ihn zum Tode verurteilt haben, seine Hinrichtung nicht wollen und die Opfer selbst seine Hinrichtung nicht wollen. Wir haben ein System, das Endgültigkeit über Fairness stellt.“ Wenige Stunden nach der Entscheidung wurde das Urteil vollstreckt.

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungUSA
:Joe Biden wird es nicht schaffen, den Supreme Court zu reformieren

Kommentar von Stefan Kornelius

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: