Justizirrtum in Florida:Unschuldig Verurteilter nach 37 Jahren aus Haft entlassen

Justizirrtum in Florida: Nach 37 Jahren wieder ein freier Mann: Robert DuBoise (mit seiner Schwester Harriet, links, und seiner Mutter Myra, rechts).

Nach 37 Jahren wieder ein freier Mann: Robert DuBoise (mit seiner Schwester Harriet, links, und seiner Mutter Myra, rechts).

(Foto: AP)

Eine Bissspur sorgte 1985 dafür, dass Robert DuBoise wegen Vergewaltigung und Mordes an einer 19-Jährigen ins Gefängnis ging. Doch jetzt belegen DNA-Untersuchungen: ein Fehlurteil.

Als Robert DuBoise für die Vergewaltigung und den Mord an einer 19-Jährigen ins Gefängnis geht, ist er selbst erst 18 Jahre alt. 1985 spricht ihn eine Jury in Florida schuldig, ein Richter verhängt zunächst die Todesstrafe. 1988 wandelt der Supreme Court des Bundesstaates das Strafmaß in lebenslange Haft um. 37 Jahre sind seitdem vergangen. Seit diesem Donnerstag ist DuBoise, mittlerweile 55, wieder ein freier Mann. Ein Mann, der zwei Drittel seines Lebens unschuldig hinter Gittern saß, wie mittlerweile auch die Justiz einräumt.

Er selbst hatte immer beteuert, nichts mit dem Verbrechen an Barbara Grams zu tun zu haben. Er stritt vehement ab, mit seinem Bruder und einem Freund durch Tampa gefahren zu sein, die junge Frau gesehen, entführt, vergewaltigt und getötet zu haben. Doch im Prozess wurde ihm ein vermeintliches Beweismittel zum Verhängnis: Ein lokaler Zahnarzt identifizierte eine Verletzung an Grams' Wange als Biss, ein anderer Experte stellte fest, dass DuBoise derjenige gewesen sein müsse, der dem Opfer die Wunde zugefügt habe. Zusätzlich behauptete vor Gericht ein Gefängnisinformant, dass der Angeklagte die Tat ihm gegenüber eingeräumt habe.

DuBoise' vermeintliche Mittäter wurden nie angeklagt - denn weitere Anhaltspunkte für eine Beteiligung der drei Männer fehlten. Die wenigen Spuren, die gesichert worden waren, schienen dann 1990 für immer verloren zu gehen. Damals wurden sämtliche Beweismittel aus dem Prozess routinemäßig vernichtet.

Der Zufall kommt DuBoise zur Hilfe

Und wahrscheinlich würde DuBoise noch heute in der Hardee Correctional Institution in Bowling Green, Florida, einsitzen, wären ihm nicht das Innocence Project, eine Initiative zur Aufdeckung von Justizirrtümern, der Zufall und moderne Ermittlungstechniken zur Hilfe gekommen.

Wie die New York Times berichtet, hatte die Organisation eine auf die Überprüfung bereits abgeurteilter Fälle spezialisierte Staatsanwältin auf die Akte DuBoise aufmerksam gemacht. Diese entdeckte Anfang August, dass das seinerzeit im Fall Barbara Grams zuständige kriminaltechnische Institut sogenannte Rape Kits aufbewahrt hatte, die im damaligen Prozess nicht als Beweismittel verwendet worden waren. Eine nachträgliche Untersuchung des an der Leiche von Grams gesicherten DNA-Materials belegte dann das, was DuBoise immer gesagt hatte: Er war nicht der Täter.

Am Donnerstag ordnete ein Richter aufgrund der neuen Beweislage die sofortige Freilassung von DuBoise an. Für den 14. September ist eine Anhörung angesetzt, in deren Rahmen das Urteil gegen den heute 55-Jährigen offiziell aufgehoben werden soll. Der zuständige Bezirksstaatsanwalt Andrew Warren erklärte, er habe sich "im Namen des kompletten Strafrechtssystems" bei DuBoise entschuldigt. "Wir haben einen Mann eingesperrt für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat, während der wahre Täter nie zur Rechenschaft gezogen wurde für diesen furchtbaren Mord", so Warren.

DuBoise wurde vor dem Gefängnis von seiner Mutter und Schwester in Empfang genommen. "Es ist ein überwältigendes Gefühl der Erleichterung", erklärte er Reportern. "Ich habe jeden Tag zu Gott gebetet und gehofft." Hass oder Bitterkeit empfinde er nicht, so DuBoise. "Ich bin einfach dankbar." Er müsse nun viele Dinge lernen, angefangen damit, bei Walmart - einer großen Supermarktkette - einkaufen zu gehen, bis hin zur Bedienung eines Computers.

37 Jahre Leben hat DuBoise nachzuholen. Oder wie es eine Anwältin des Innocence Project gegenüber der Tampa Bay Times formulierte: "Er ist praktisch von der High School in die Todeszelle gewandert."

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Tanja Kinkel

SZ PlusJustizirrtümer
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