USA:"Die Wagen sind zerrissen"

Bahnunglück in den USA

Von einer Brücke über einer Autobahn bei Seattle im US-Bundesstaat Washington hängt ein Waggon des entgleisten Zuges. Mindestens sechs Menschen starben.

(Foto: Elaine Thompson/dpa)

In der Nähe von Seattle im US-Bundesstaat Washington ist auf einer neuen Bahntrasse ein Zug entgleist. Ein Waggon stürzte auf die darunterliegende Autobahn. Sechs Menschen starben, 77 wurden verletzt.

Im US-Bundesstaat Washington hat sich am Montag ein schweres Zugunglück ereignet: Ein Personenzug ist südlich der Stadt Seattle aus den Gleisen gesprungen und teilweise auf einer Autobahn gelandet, laut Polizei gab es Tote und Verletzte. Die Seattle Times sprach von mindestens sechs Toten. Mindestens 50 Menschen wurden in Krankenhäuser gebracht, wie von örtlichen Kliniken zu erfahren war.

Die Bilder vom Unfallort erinnern an Eschede, wo 1998 beim schwersten Zugunglück der deutschen Nachkriegsgeschichte 101 Menschen starben. Zwischen Lakewood und Olympia nahe der Stadt Tacoma, rund 60 Kilometer von Seattle entfernt, waren die Wagen des Amtrak 501 am Montag um kurz nach 7.30 Uhr Ortszeit aus den Gleisen gesprungen. Warum, war zunächst ein Rätsel. Luftaufnahmen zeigen einen zusammengefalteten Zug, ein Waggon liegt kopfüber auf der im morgendlichen Berufsverkehr viel befahrenen Interstate 5. Autos und Lastwagen wurden getroffen, mehrere Menschen verletzt. Ein zweiter Waggon hängt von der Brücke.

Nach Angaben des Zugbetreibers Amtrak waren etwa 78 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder an Bord. Der Zug hatte Seattle um sechs Uhr früh auf dem Weg nach Portland (Oregon) verlassen. Dorthin wollte auch Chris Karnes, der den Unfall der Seattle Times schildert: Der Zug sei in voller Fahrt gewesen, laut der Webseite Transitdocs.com waren es exakt 130,5 Kilometer pro Stunde. Dann, sagt Karnes, sei man zu einer Art Gleisbiegung gekommen und entgleist. Er und sein Freund hätten Glück gehabt, sie wurden in die Polster der gegenüberliegenden Sitze geschleudert. "Wir haben ein Bersten und ein Zerbrechen gehört, und die Wagen sind zerrissen. Menschen haben geschrien, dann sind die Lichter ausgegangen", sagt Karnes. Sie hätten die Fenster eingetreten und seien aus dem Zug in eine Böschung gesprungen.

US-Präsident Donald Trump nutzte das Unglück, um auf Twitter für Investitionen in die US-Infrastruktur zu werben. Brücken, Tunnel und Gleise seien marode. "Nicht mehr lang!", schrieb Trump. Allerdings befuhr der Unglückszug zum ersten Mal eine nagelneue Strecke. Einen Infrastrukturplan der US-Regierung gibt es nicht. Später schob Trump auf Twitter Beileid für die Opfer nach.

Der Bürgermeister einer Anrainergemeinde hatte bereits vor einem Risiko gewarnt

Die Trasse war dem Verkehrsministerium des Staates Washington zufolge seit 2010 mit 181 Millionen Dollar ausgebaut worden, um Kurven zu vermeiden. Sie sollte laut Amtrak zehn Minuten Zeitersparnis bringen. Eine Weiche oder Bahnübergänge gebe es am Ort des Geschehens nicht, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Die Ursache des Unglücks sei völlig unklar. Allerdings zitierten lokale Medien den Bürgermeister einer Nachbargemeinde, der bereits Anfang Dezember Sicherheitsbedenken gegen die Trasse geäußert hatte. Die Sicherheitsmaßnahmen seien unzureichend, das Projekt sei gar nicht nötig gewesen und ein Unfall nur eine Frage der Zeit, sagte Don Anderson aus Lakewood.

In einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Washington erklärte die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB am Nachmittag, sie habe ein Ermittlerteam zum Unglücksort entsandt.

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