USA:Augusts Antwort

Auch seine zweite Tochter hat Facebook-Chef Zuckerberg mit einem offenen Brief begrüßt. Die SZ schreibt für sie zurück.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat seine Tochter August am Montag mit einem offenen Brief in seinem Netzwerk begrüßt. Der SZ liegt schon jetzt die Antwort vor, die sie in 30 Jahren posten wird.

Lieber Papa,

danke für deine Botschaft an mein späteres Ich, an den Menschen, der ich einmal werden sollte. Ich lese aus diesen Zeilen, wie sehr ihr euch freut, dass ich da bin; ich spüre die Begeisterung junger Eltern, die selbst die banalsten Körperregungen ihres Kindes mit der Welt teilen möchten, aber auch den Optimismus, mit dem du dein Unternehmen geführt hast. Zugleich gibt es da ein paar Dinge, die mich irritieren.

Schon als Max, meine ältere Schwester, 2015 auf die Welt kam, hast du einen "persönlichen Brief" an sie für einen Appell an die ganze Menschheit genutzt: Hallo, meine Tochter ist da, jetzt muss die Welt möglichst rasch ein würdigerer, schönerer, sicherer Ort werden. Was du nicht geschrieben hast, weil es gar nicht mehr gesagt werden musste: Dass in dieser von dir mitbegründeten Welt die Gefühle eines Vaters nicht mehr privat sind, weil nichts mehr privat ist. Dass in dieser Welt jeder Schritt, jede Äußerung, jeder Kinderfurz dokumentiert wird. Das war ja immer dein Plan: die Kontrolle über das Leben anderer zu erlangen.

Du schriebst 2017 von einer "magischen Kindheit", die mich erwarten würde, vom Duft der Blumen und von den Blättern, die ich sammeln sollte, solange ich dazu noch Zeit hätte. Später wäre ich viel zu beschäftigt für die schönen Dinge des Lebens. Heute sehe ich, dass damals schon alles bis ins Detail vorherbestimmt war. Selbst die Kinderbücher von Dr. Seuss, die du mir als künftige Lieblingslektüre vorgeschrieben hast. Es sind die Bücher deiner Kindheit, mit deinen Helden, von denen ich lernen sollte, wie das Leben funktioniert. Genauso wie das Karussell, in dem Max und ich uns drehen sollten, vorbestimmt war. Ein makelloses, effizientes Karussell, passend für unser dreifach gesichertes kalifornisches Heim. Was mich so irritiert an deinem Brief: Wie wenig Raum am Ende übrig bleibt für mich. Du hofftest damals, dass ich ein "großartiger Schläfer" sein würde, also ein ausgeruhtes, entspanntes Kind, was ja immer das Angenehmste ist für die Erwachsenen; wer will schon ein Baby, das plärrt. Du hofftest, dass ich davon träumen würde, wie sehr ihr mich liebt. Lieber Papa, es gibt einen Teil unseres Lebens, den selbst du, der größte Netzwerker, nicht bestimmen kannst, für den es bis heute noch keinen Algorithmus gibt: unsere Träume. Ich zum Beispiel träume davon, frei zu sein. Weißt du eigentlich noch, was es heißt, frei zu sein? Deine August

Übersetzt von Christian Mayer

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