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Urteile:Schleckers Kinder müssen ins Gefängnis

Stuttgart (dpa) - Die Richter waren überzeugt: Die Pleite der Drogeriemarktkette bereits vor Augen, hatte die Familie Schlecker Millionen beiseite geschafft, um das Geld vor Gläubigern in Sicherheit zu bringen.

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Stuttgart (dpa) - Die Richter waren überzeugt: Die Pleite der Drogeriemarktkette bereits vor Augen, hatte die Familie Schlecker Millionen beiseite geschafft, um das Geld vor Gläubigern in Sicherheit zu bringen.

Anton Schlecker war dafür 2017 vor dem Stuttgarter Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Seine Kinder Lars und Meike Schlecker traf mit Haftstrafen ohne Bewährung härter. Sie legten gegen das Urteil Revision ein - vergeblich, wie der Bundesgerichtshof am Donnerstag mitteilte. Die Geschwister müssen nun ins Gefängnis.

Den beiden Kindern von Anton Schlecker werden Untreue, Insolvenzverschleppung, Bankrott und Beihilfe zum Bankrott ihres Vaters vorgeworfen. Die Schlecker-Kinder hatten sich nach Überzeugung des Landgerichts unrechtmäßig Gewinne in Millionenhöhe aus der zum Schlecker-Imperium gehörenden Logistik-Firma LDG ausgezahlt - nur Tage bevor der Konzern in die Insolvenz ging.

Hierin habe das Landgericht die schwerwiegendste Tat - nämlich Untreue in Tateinheit mit vorsätzlichem Bankrott - gesehen, hieß es in der Mitteilung des BGH.

Deshalb fiel das Urteil gegen Anton Schlecker auch milder aus, dessen zweijährige Haftstrafe, die er neben einer Geldstrafe bekommen hatte, zur Bewährung ausgesetzt worden war. Schleckers Frau Christa war anfangs auch im Stuttgarter Strafprozess angeklagt, das Verfahren wurde aber eingestellt.

Ihre Kinder Lars und Meike sind nun rechtskräftig zu Haftstrafen von jeweils zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden. Das sind im Falle von Meike ein Monat, im Falle von Lars zwei Monate weniger als im Urteil des Landgerichts vorgesehen. Zur Begründung hieß es vom BGH, das Landgericht habe in seinem Urteil nicht berücksichtigt, dass die Kinder selbst nicht die Schuldner waren. Sie hätten daher die Insolvenz selbst nicht anmelden müssen.

Schlecker, einst die größte Drogeriemarktkette Europas, hatte im Januar 2012 Insolvenz angemeldet. Eine Rettung schlug fehl, Tausende Mitarbeiter verloren ihre Jobs. In dem Verfahren im Jahr 2017 ging es um die Frage, wann Schlecker die drohende Zahlungsunfähigkeit erkannt hat oder hätte erkennen müssen. Von dem Zeitpunkt an hätten er und seine Kinder kein Geld mehr aus dem Unternehmen abziehen dürfen.

Anton Schlecker sah den Zeitpunkt offenbar nie kommen. Vor Gericht hatte er beteuert: "Die Insolvenz für mein Unternehmen war für mich unvollstellbar." Noch Ende 2011 bestand er darauf, den Mitarbeitern nicht nur pünktlich das Gehalt, sondern auch Weihnachtsgeld zu zahlen. Kurz vor der Insolvenz hatte Schlecker seinen vier Enkeln aber auch sechsstellige Summen überwiesen und war mit seinen Kindern in die Karibik gereist.

Seine Familie wiegte sich offenbar in dem Glauben, das alles gut gehen würde, bis Handelspartner und Versicherer Anfang 2012 die Reißleine zogen. Im Gerichtssaal berichtete Schlecker von einem Anruf seiner Tochter kurz vor der Pleite im Januar 2012: Fassungslos sei sie gewesen. "Papa, die lassen uns fallen."

Die Richter am Landgericht nahmen der Familie die Unwissenheit nicht ab. Nach Überzeugung der Kammer drohte die Zahlungsunfähigkeit schon ab dem 1. Februar 2011. Von da an hätte Schlecker demnach kein Geld mehr aus der Firma ziehen und auch nichts mehr aus seinem privaten Vermögen an andere übertragen dürfen. Denn als sogenannter Einzelkaufmann haftete er mit allem, was er besaß.

Insgesamt gut 14 Millionen Euro haben die Schleckers mittlerweile an den Insolvenzverwalter zurückgezahlt, der immer noch versucht, in mühsamen Prozessen - etwa gegen Kartelle bei Lieferanten - Geld einzutreiben. Denn insgesamt haben die Gläubiger früheren Angaben zufolge mehr als eine Milliarde Euro an Forderungen angemeldet.

Ein zivilrechtliches Nachspiel in Österreich war 2018 mit einem Vergleich zu Ende gegangen. Schleckers Frau und Kinder hatten sich vor dem Landgericht Linz mit der ebenfalls insolventen österreichischen Schlecker-Nachfolgerkette Dayli geeinigt. Über den Betrag wurde Stillschweigen vereinbart. Dayli-Insolvenzverwalter Rudolf Mitterlehner hatte zum Prozessauftakt Ende 2017 20 Millionen Euro Schadenersatz von Schleckers Frau und den beiden Kindern gefordert.

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