Urteile - Karlsruhe:Klage zum islamischen Religionsunterricht: Neue Entscheidung

Baden-Württemberg
Die Statue der Justitia steht im Gegenlicht der Sonne. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Karlsruhe/Wiesbaden (dpa/lhe) - Im Streit um den islamischen Religionsunterricht in Hessen hat der türkische Moscheeverband Ditib einen Teilerfolg erzielt. Das Bundesverfassungsgericht entschied nach einer Klage von Ditib, dass das Eilverfahren an den hessischen Verwaltungsgerichten wiederholt werden muss, wie am Freitag in Karlsruhe mitgeteilt wurde. Die Gerichte hätten die Eilanträge aufgrund nicht nachvollziehbarer Annahmen als unzulässig abgewiesen und nicht näher geprüft. Damit sei dem Rechtsschutz "jede Effektivität genommen". (Az. 1 BvR 2671/20)

In Hessen gab es seit dem Schuljahr 2013/14 einen sogenannten bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit Ditib. Im April 2020 hatte das Kultusministerium diesen Unterricht ab dem neuen Schuljahr ausgesetzt und das mit Zweifeln an der Eignung des Verbandes als Kooperationspartner begründet. Es sei fraglich, ob die notwendige Unabhängigkeit vom türkischen Staat vorhanden sei.

Der türkische Moscheeverband hat nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun Anspruch auf ein neues Eilverfahren. Die Karlsruher Richter lehnten es hingegen ab, direkt über die grundrechtlichen Fragen zu entscheiden. An den Verwaltungsgerichten habe bisher noch keine inhaltliche Prüfung stattgefunden.

Ditib Hessen und der Landesverband Hessen des Zentralrat der Muslime in Deutschland begrüßten die Entscheidung. Der türkische Moscheeverband erklärte, die Zusammenarbeit mit dem Land und die Durchführung des islamischen Religionsunterrichts seien über sieben Jahre lang beanstandungs- und störungsfrei gewesen. Ditib sei zuversichtlich, dass die vorliegenden Anträge nach der Entscheidung aus Karlsruhe "erneut und nun sachgerecht verhandelt werden".

Das hessische Kultusministerium betonte in Wiesbaden, für den laufenden Unterrichtsbetrieb in Hessen würden sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aber keine Konsequenzen ergeben. Der in Kooperation mit Ditib eingerichtete Religionsunterricht werde weiterhin nicht mehr erteilt. Der Schulversuch "Islamunterricht" könne dagegen in der schulischen Praxis unverändert fortgesetzt werden.

Als Begründung führte das Ministerium an, dass die Karlsruher Richter sich nicht mit den Bedenken hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Eignung von Ditib als Kooperationspartner eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts nach Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz befasst hätten. Auch die Vorgehensweise des Ministerium, seit Beginn des laufenden Schuljahres die Kooperation mit dem Moscheeverband bis auf Weiteres auszusetzen und den Schulversuch "Islamunterricht" auf weitere Schulstandorte zu erweitern, sei nicht in der Entscheidung thematisiert worden.

Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hatte im Frühjahr betont, das Land werde die Schüler muslimischen Glaubens nicht ohne ein religiöses Bildungsangebot in der staatlichen Schule lassen. Das neue Fach Islamunterricht, das in Eigenregie des Landes angeboten wird, zielt nach seinen Angaben darauf, Wissen über den Islam zu vermitteln. Beim bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht sei es nur um reine Glaubensvermittlung gegangen. Der hessische Islamunterricht wird in den Jahrgangsstufen eins bis acht angeboten.

© dpa-infocom, dpa:210122-99-127350/5

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