Urteil im Mordprozess:Gericht spricht Amanda Knox frei

Der "Engel mit den Eisaugen" ist unschuldig: Ein italienisches Berufungsgericht hat die Amerikanerin Amanda Knox und ihren Mitangeklagten Raffaele Sollecito freigesprochen. Sie hatten knapp vier Jahre wegen Mordes im Gefängnis gesessen. "Ich habe das Unerträgliche ertragen", wurde Knox zitiert. Sie wolle nun "einfach nur nach Hause".

Ein Berufungsgericht im italienischen Perugia hat die wegen Mordes und sexueller Nötigung verurteilte US-Studentin Amanda Knox am Montag freigesprochen. Auch das Urteil gegen ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito wurde gekippt. Beide verließen noch vor Mitternacht das Gefängnis von Perugia. Amerikanischen Medien zufolge will die 24-Jährige Knox am Dienstag in ihre Heimatstadt Seattle im US-Bundestaat fliegen.

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Knox war 2009 wegen Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher zu 26 Jahren Haft verurteilt worden. Ihr Ex-Freund Sollecito sollte als Mittäter 25 Jahre im Gefängnis bleiben. Das Urteil des Berufungsgerichts bedeutet eine spektakuläre Wende in dem Fall, der weltweit ein großes Medieninteresse ausgelöst hatte.

"Ich habe das Unerträgliche ertragen", wurde Knox nach dem Freispruch zitiert, den sie unter Tränen entgegen nahm. "Sie wolle "einfach nur nach Hause, sich wieder mit ihrer Familie vereinen, ihr Leben wieder in Besitz nehmen und ihre Fröhlichkeit zurückgewinnen".

Urteil wegen Verleumdung bleibt bestehen

Nicht revidiert wurde hingegen das Urteil aus erster Instanz wegen Verleumdung des kongolesischen Barmannes Patrick Lumumba, den Knox kurz nach ihrer Festnahme des Mordes beschuldigt hatte. Die Haftstrafe von drei Jahren hat die Amerikanerin aber bereits abgesessen. Eine Schadensersatzzahlung steht noch aus.

In Tränen brach auch Stephanie Kercher aus - die Schwester des Opfers. "Wir verstehen nicht, wie es möglich ist, das erste Urteil so komplett umzudrehen", erklärten die Angehörigen der Ermordeten. Sie hatten noch kurz vor der Urteilsverkündung ihr Vertrauen in die italienische Justiz unterstrichen. Italienische Medien betonten, die Suche nach den Schuldigen müsse nun von vorne beginnen.

Jubel und Buhrufe

Auch vor dem Gerichtssaal entlud sich die Spannung nach dem Urteil: Jubelnde Fans hatten Fotos und eine Knox-Statue mitgebracht. Andere protestierten mit Buhrufen und Beschimpfungen.

Knox und Sollecito hatten in einem knapp elf Monate langen Berufungsprozess bis zuletzt gekämpft, um ihre Unschuld zu beweisen. Noch am Montag hatte Knox vor Gericht ihre Unschuld beteuert. "Ich habe niemanden umgebracht, vergewaltigt oder bestohlen", sagte sie unter Tränen.

Die 21-jährige Studentin Meredith Kercher war Anfang November 2007 mit durchgeschnittener Kehle in ihrem Haus in Perugia gefunden worden, das sie gemeinsam mit Knox bewohnte. Im ersten Urteil vor zwei Jahren hieß es die Angeklagten hätten Kercher bei Sexspielen "aus Langeweile und unter Drogeneinfluss" getötet.

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