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Urteil gegen Top-Terrorist "Carlos":Zweites Lebenslänglich für den "Schakal"

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Er war einst der meistgesuchte Terrorist der Welt: "Carlos, der Schakal". Nun ist der Venezolaner in Paris wegen mehrerer Anschläge zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In seinem Schlusswort zeigte sich der selbsternannte revolutionäre "Märtyrer" uneinsichtig.

Der einstige Top-Terrorist "Carlos" ist zum zweiten Mal zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein aus Berufsrichtern zusammengesetztes Pariser Geschworenengericht befand den Venezolaner Ilich Ramírez Sánchez für schuldig, hinter vier Anschlägen Anfang der achtziger Jahre auf Züge, Bahnhöfe und eine Zeitung zu stecken. Er erhielt die Maximalstrafe; eine vorzeitige Begnadigung des 62-Jährigen ist wegen einer zusätzlich verhängten Sicherheitsverwahrung von 18 Jahren kaum möglich.

Der bereits wegen mehrfachen Mordes in Frankreich zu lebenslanger Haft verurteilte Ex-Terrorist hatte sich zuvor in einem fünfstündigen Abschlusswort erneut als revolutionärer Märtyrer darzustellen versucht. Zum Ende des sechswöchigen Verfahrens hatte die Staatsanwaltschaft dagegen das Bild eines gewaltbesessenen Mannes ohne Reue oder Mitgefühl für die Opfer gezeichnet.

In dem Verfahren ging es um vier Anschläge in den Jahren 1982 und 1983 in Frankreich, bei denen elf Menschen starben und fast 150 verletzt wurden. Mit den Attentaten wollte Carlos nach den Erkenntnissen der Anklage seine damals in Frankreich inhaftierte deutsche Ehefrau Magdalena Kopp freipressen.

Konfuses Abschlusswort

Carlos begann seine Schlussbemerkungen in der verglasten Angeklagten-Box in einer freien Rede auf Französisch. Ein Notizheft in den Händen haltend betonte er, vom Kampf der Palästinenser überzeugt gewesen zu sein. Mit einem "Vive la Revolution!" (Es lebe die Revolution) beendete der Angeklagte seine mitunter konfus wirkende Rede.

Zusammenhanglos nannte Carlos den Prozess eine Komödie, sich selbst einen Kommunisten, aber auch gottgläubigen Menschen, der als "lebender Märtyrer" illegal in Haft gehalten werde. Am Ende seiner fünfstündigen Rede zitierte er auf Arabisch auch aus einem angeblichen Testament des getöteten libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi.

Verteidigung will in Berufung gehen

Die Verteidigung sprach von einem Skandalurteil und kündigte Berufung an. Carlos operierte in den sechziger und achtziger Jahren weltweit. Französische Spezialeinheiten nahmen ihn 1994 im Sudan fest. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wäre dies ein Rückschlag für seine Hoffungen, bald auf freien Fuß zu kommen. Eigentlich hätte Carlos im kommenden Jahr Antrag auf vorzeitige Haftentlassung stellen können.

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dpa/AFP/Reuters/fran
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