Urteil gegen Saudi-Prinz:Lebenslang statt tot

Lesezeit: 2 min

Ein britisches Gericht hat Abdulasis bin Nasir al-Saud wegen eines sadistischen Mordes verurteilt. Der Saudi-Prinz hat Glück, dass ihm nicht in seinem Heimatland der Prozess gemacht wird.

Wolfgang Koydl, London

Der Prinz kann von Glück sagen, dass er vor ein britisches Gericht gestellt wurde. Sicher, der Richter verurteilte ihn zu lebenslanger Haft, nachdem die Jury ihn in einer Rekordzeit von 90 Minuten für schuldig befunden hatte. Aber daheim in Saudi-Arabien würde Saud bin Abdulasis bin Nasir al-Saud wohl die Todesstrafe drohen. Nicht wegen des Mordes an seinem Diener und gelegentlichem Sexpartner. Da kann ein Mitglied der saudischen Königsfamilie vor saudischen Gerichten auf Nachsicht hoffen. Kritisch ist seine Homosexualität. Die ruft in der Heimat des Propheten Mohammed auch für königliche Hoheiten den Henker auf den Plan.

Gewalt gehörte offenbar zum Beziehungsalltag: Dieses Video aus einem Hotel-Aufzug enstand drei Wochen vor dem gewaltsamen Tod des Prinzen-Dieners. Darauf ist zu sehen, wie der Prinz seinen Untergebenen brutal verprügelt - ohne auf die geringste Gegenwehr zu stoßen. (Foto: REUTERS)

Mit einer Mischung aus morbider Faszination, Unverständnis und Abscheu verfolgte die britische Öffentlichkeit das Verfahren gegen den 34-jährigen Enkel des saudischen Königs Abdullah. Drei Wochen lang hatte er sich Anfang des Jahres zusammen mit seinem Diener, dem zwei Jahre jüngeren Sudanesen Bandar Abdulasis, im teuren Londoner Landmark Hotel eingemietet. Die Tage verbrachte er meist in seiner Suite. Erst am Abend verließ das Paar das Hotel, um in Nobelrestaurants zu speisen und anschließend Nachtclubs zu besuchen. Und manchmal bestellte sich die Hoheit für 200 Pfund die Stunde schwule Escorts - für erotische Massagen und für mehr.

Mit Essen und Trinken verbrachten der Prinz und sein Diener auch den Abend des Valentinstages. Sie tranken Champagner und ein halbes Dutzend Cocktails mit dem anzüglichen Namen "Sex on the Beach": Harter Wodka, milder Pfirsich-Schnaps und Orangensaft. Doch daheim im Hotel rastete der Königsenkel aus. Eine Überwachungskamera zeichnete auf, wie er den reglos dastehenden Bandar schon im Lift schlug und trat.

Asyl nach der Haft wahrscheinlich

Im Zimmer setzte er seine Attacken fort. Die Obduktion ergab Bisswunden auf beiden Wangen, mutmaßlich tödliche Verletzungen im Unterleib und Würgemale. In stundenlangen Telefonaten mit Saudi-Arabien suchte Saud dann offensichtlich verzweifelt nach Wegen, um seine Tat zu vertuschen. Er hob den Leichnam ins Bett und deckte ihn zu und ließ dann zwei Gläser Milch aufs Zimmer kommen. Erst zwölf Stunden später wurde die Tat entdeckt.

Vergeblich versuchte der Prinz, die Öffentlichkeit von dem Verfahren ausschließen lassen, damit seine Homosexualität nicht bekannt werde. Er wurde darin vom britischen Außenministerium unterstützt, das eine Verschlechterung der Beziehungen zu einem wichtigen Partnerstaat befürchtete.

Im vergangenen Jahr hatte Saudi-Arabien protestiert, als ein Gericht in London einer saudischen Prinzessin politisches Asyl gewährte. Sie hatte ein Kind von einem britischen Vater geboren und geltend gemacht, dass ihr deswegen in ihrer Heimat der Tod durch Steinigung drohe. Auch Prinz Saud wird nach seiner Freilassung aus der Haft wohl Asyl in Großbritannien erhalten, weil sein Leben in seiner Heimat in Gefahr wäre.

© SZ vom 21.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: